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Standortland:
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Schweiz
Ort:
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Zürich
Bibliothek / Sammlung:
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Braginsky Collection
Signatur:
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S102
Handschriftentitel:
Handschriftentitel
Megilla Esther (מגילת אסתר) / Estherrolle
Schlagzeile:
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Pergament · 1 f. · 35.5 x 190 cm · Venedig · 1564
Sprache:
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Hebräisch
Kurzcharakterisierung:
Kurzcharakterisierung
Das Werk ist auf den 3. Adar des Jahres 5324 (15. Februar 1564) in Venedig datiert und ist damit das früheste datierte Beispiel einer vollständig illustrierten Estherrolle. Hergestellt wurde diese von Stellina und enthält demzufolge die einzige aus der Frühen Neuzeit stammende Megilla, von der wir wissen, dass sie von einer Frau geschaffen wurde. Die Rolle beginnt mit Segensprüchen. Auf diese folgt der Text, der zwischen Arkaden steht. Die Textspalten werden von Karyatiden flankiert, die auf den Häuptern antike Vasen, Urnengefässe oder Öllampen tragen. In der siebten, dreizehnten und neunzehnten Arkade werden die Karyatiden durch einen Satyr und eine Frau mit Tierpfoten ersetzt. Alle Illustrationen enthalten Goldhöhungen. Stil und Motive korrespondieren mit der Bildsprache des zeitgenössischen Manierismus. (flu)
DOI (Digital Object Identifier):
DOI (Digital Object Identifier
10.5076/e-codices-bc-s-0102 (http://dx.doi.org/10.5076/e-codices-bc-s-0102)
Permalink:
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https://e-codices.ch/de/list/one/bc/s-0102
IIIF Manifest URL:
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IIIF Drag-n-drop https://e-codices.ch/metadata/iiif/bc-s-0102/manifest.json
Wie zitieren:
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Zürich, Braginsky Collection, S102: Megilla Esther (מגילת אסתר) / Estherrolle (https://e-codices.ch/de/list/one/bc/s-0102).
Online seit:
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10.12.2020
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Rechte:
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Bilder:
(Hinsichtlich aller anderen Rechte, siehe die jeweilige Handschriftenbeschreibung und unsere Nutzungsbestimmungen)
Dokumenttyp:
Dokumenttyp
Schriftrolle
Jahrhundert:
Jahrhundert
16. Jahrhundert
Datiert:
Datiert
1564
Dekoration:
Dekoration
Deckfarbenmalerei, Gold / Silber, Rand, Ornamental
Liturgica hebraica:
Liturgica hebraica
Megillah
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e-codices · 13.10.2020, 16:58:04

Diese Rolle ist in mehrfacher Hinsicht einzigartig. Sie ist das früheste datierte Beispiel einer vollstän­dig illustrierten Megilla. Aus dem Kolophon am Ende des Textes geht hervor, dass sie am Dienstag, dem 3. Adar des Jahres 5324 (15. Februar 1564) in Venedig vollendet wurde. Damit ist sie die Wegbereiterin eines reichen und vielfältigen Genres der jüdischen Kunst, dessen Popularität in den folgen­den Jahrhunderten rasch anwachsen sollte. An diesem frühen Modell orientierten sich hunderte, wenn nicht tausende illustrierter Megillot in jüdischen Gemeinden weltweit.
Der Text des Kolophons enthält ausserdem die vielleicht noch bemerkenswertere Information, dass eine Frau mit Namen Stellina diese Megilla anfertigte – die einzige aus der Frühen Neuzeit, von der wir wissen, dass sie von einer Frau geschrieben wurde. Stellina stammte höchstwahr­scheinlich aus einer wohlhabenden und angesehe­nen venezianischen Familie. Sie bezeichnet sich als Tochter des Kazin Menachem und Enkelin des Rosch Kazin Jekutiel. Der hohe gesellschaftliche Status Stellinas geht sowohl aus den Ehrentiteln ihres Vaters und Grossvaters hervor – Kazin und Rosch Kazin bezeichnen offizielle Ämter innerhalb der jüdischen Gemeinde – als auch aus dem Familienemblem auf dem Kolophon am Ende der Rolle. Das Emblem nimmt den Raum einer ganzen Kolumne ein und wird durch einen aufwändigen Goldrahmen mit flatternden Bändern prominent hervorgehoben. Es zeigt eine goldene Krone über einem Gebilde, das wegen Farbabriebs an dieser Stelle kaum erkennbar ist. Möglicherweise handelt es sich um einen Fisch. Vielleicht gehörte Stellina zur Familie der Consigli – deren Emblem Krone und Fisch in einer Lilie aufweist – oder der Castel­franco – mit Krone und Fisch im Emblem.
Die traditionellen rabbinischen Autoritäten waren sich nicht einig darüber, ob Frauen das Schreiben von Megillot erlaubt sei oder nicht. Einige bekannte Rabbiner wie Josua Falk (1555–1614), genannt «Derischa», und Chajjim Joseph David Asulai (1724–1807), genannt «Chida», erklär­ten es für zulässig: So wie Frauen nach dem Religionsgesetz verpflichtet seien, die Lesung der Megilla anzuhören, so solle ihnen auch erlaubt sein, eine Megilla zu schreiben.
Der Text steht zwischen Arkaden, die mit kräftigen Farben gemalt sind. Ihm sind Segenssprüche vorangestellt, die vor der Lesung gesprochen werden. Jede Textkolumne flankieren Karyatiden. Nach unten verjüngen sich diese Figuren säulen­artig. Auf ihren Häuptern tragen sie antike Vasen, Urnengefässe oder Öllampen. Ausnahmen bilden die sechste und zwölfte Kolumne, wo die Karyati­den jeweils durch einen männlichen und einen weiblichen Satyr – halb Mensch, halb Ziege – ersetzt sind. Die Arkaden sind mit früchtebelade­nen Blättergirlanden und verschiedenartigen grotesken Masken und Büsten überspannt. Alle Illustrationen sind mit Gold gehöht, was die Pracht dieser Rolle verstärkt. Stil und Motive dieses Werks korrespondieren eng mit der Bildsprache des zeitgenössischen Manierismus. Sie wurden nur vereinzelt in die illustrierten Megillot der nach­ folgenden Epochen übernommen.

Schöne Seiten. Jüdische Schriftkultur aus der Braginsky Collection, Hrsg. von Emile Schrijver und Falk Wiesemann, Zürich 2011, S. 256.

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Schöne Seiten. Jüdische Schriftkultur aus der Braginsky Collection, Hrsg. von Emile Schrijver und Falk Wiesemann, Zürich 2011, S. 256.

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