St. Gallen, Kantonsbibliothek, Vadianische Sammlung, VadSlg Ms. 352/1-2
Handschriftentitel: Speculum humanae salvationis (dt.)
Entstehungszeit: Um 1440
Frühere Signatur:
- A 56
- L 283
- H 16
- F 3
Umfang:
1 Band (55 Blätter): mit Illustration/Buchschmuck
Format: 28,5-30 x 20,5 cm
Zustand: Am Anfang fehlt eine unbekannte Zahl von Blättern. Die Blätter der ersten Lage sind mit Ausnahme des inneren Doppelblattes aus Einzelblättern zusammengeklebt. Nach S. 24 fehlt 1 Bl. Textverlust. Das letzte Blatt fehlt, es ist möglicherweise das Blatt, das seit der Restaurierung nach dem neuen Vorsatzblatt (101 /102) als S. 103 /104 eingeklebt ist.
Seiteneinrichtung:
Der Text weist eine Begrenzung der zwei Spalten mit Tintenlinien auf (6,5-7). Die Höhe des Schriftraums ist unregelmässig (10-32 Zeilen).
Schrift und Hände: Bastarda und Kursive von drei Händen (Ausführliche Beschreibung der drei Hände bei Linquist, S. IX-XVII):
Buchschmuck: Bild-Text-Werk: Die Bilder stehen über der Schrift; sie nehmen die oberen 8–10 cm der Seiten ein. Federzeichnungen von zwei Händen: 1. S. 5–46, 2. 47–100.
Spätere Ergänzungen:
S. 1: Ulir (?) sol mir xx g.
S. 4: Schreibübung: Dem ersamen und wysenn Hanns Gonntzenbach, 16. Jh., 18mal wiederholt, nur Anfang (dem ersamemmen) ausserdem S. 1 und Spiegelblatt vorn. Die Mutter von Melchior Goldast (siehe Besitzer) hiess Cleophea von Gonzenbach
S. 37, am Rand: Wappenskizze in Federzeichnung: Dreiberg, darüber senkrechter Stab mit fünf waagrechten Stäben (Tanne?), oben Initialen I. (?) F
S. III–VI: Im 19. Jh. eingesetztes Doppelblatt mit einer Inhaltsübersicht von Peter Scheitlin (1779–1848), Registrator der Bibliothek
S. 4: Schreibübung: Dem ersamen und wysenn Hanns Gonntzenbach, 16. Jh., 18mal wiederholt, nur Anfang (dem ersamemmen) ausserdem S. 1 und Spiegelblatt vorn. Die Mutter von Melchior Goldast (siehe Besitzer) hiess Cleophea von Gonzenbach
S. 37, am Rand: Wappenskizze in Federzeichnung: Dreiberg, darüber senkrechter Stab mit fünf waagrechten Stäben (Tanne?), oben Initialen I. (?) F
S. III–VI: Im 19. Jh. eingesetztes Doppelblatt mit einer Inhaltsübersicht von Peter Scheitlin (1779–1848), Registrator der Bibliothek
Einband:
Halbledereinband mit Holzdeckeln. Alte (S. III-VI) und neue (S. I-II, 101-102) Vorsatzblätter Papier. Spiegelblätter bei der Restaurierung 1989 abgelöst; bei der Neubindung wurden Vorder - und Hinterdeckel vertauscht. Auf dem Vorderdeckel Mittelbeschlag mit getriebenem Hohlbuckel aus Messing oder Bronce, die Platte mit gefiedertem Vierblatt, vom Originaleinband übernommen; eine neue, nach vorn greifende Messingschliesse. Spiegelblatt vorn und Leimabdruck im Hinterdeckel: Pergamenturkunde 15. Jh, Datum im Leimabdruck überklebt, im Original unlesbar, genannt ist ein Heinrich von Srom. Spiegelblatt hinten und Leimabdruck auf dem Vorderdeckel: Pergamenturkunde vom 3. Feburar 1439 aus Rottenburg am Neckar (?), in der ein Hans Erckenprecht und der Ort Wachendorf genannt werden. Linquist vermerkte 1924 (S. V) ein auf den Rücken geklebtes Titelschild Tractatus varij, das er in das 16. Jh. datierte, sowie eine mit Tinte geschriebene Signatur Ha 38 (?). Die Signatur gehört ins 17. Jh.
Hauptsprache: Deutsch
Inhaltsangabe:
- S. I-II Neues Vorsatzblatt
- S. III-VI Notizen zur Hs. von Peter Scheitlin, 19. Jh.
-
S. 1-3
Komputistische Tabelle
(Anfang fehlt)
Schaltjahre, Sonntagsbuchstaben, Goldene Zahl, Wochen und Tage von Weihnachten bis zum ersten Sonntag der Fastenzeit für die Jahre von 1449 bis 1520; am Anfang fehlt mindestens eine Seite der Tabelle - S. 3 Komputistischer Merkvers (1) Prodigus (2) editus (3) pietas … mit deutscher Erklärung. Über jedem Wort steht die Goldene Zahl (hier in Klammern), die Zahl der Buchstaben entspricht der Zahl der Wochen von Weihnachten bis zum ersten Sonntag der Fastenzeit im Jahren mit der entsprechenden Goldenen Zahl
- S. 4 Federproben Dem ersamenn unnd wysenn Hanns Gontzenbach
- S. 5-8 Kalender (Fragment) Juli - Oktober. Konstanzer Festkalender, dazu: S. Marien von Egippten (4. Aug.); S. Ludwig mr. (19. Aug.); S. Augustins erhöchung (11. Okt.)
-
S. 9-100
Speculum humanae salvationis dt
Hye wil ich an vahen scriben, wie dz got nit wolt vermiden …–…
die sond des alles sin gewert
Seit Goldast, Paraeneticorum, S. 370 gilt Konrad von Helmsdorf als Autor, wohl zu unrecht: Die Formulierung hat geschriben (S. 103 … hat geschriben Curat [sic] von Helmsdorff … ) meint in der Regel: hat kopiert; ein Konrad von Helmsdorf ist für die Zeit, in der die lateinische Vorlage in deutsche Verse übertragen wurde, nicht belegt.
Konrad von Helmsdorf. Der Spiegel des menschlichen Heils, hrsg. v. Axel Linqvist. - Berlin 1924 nach dieser Hs.; Stork, Hans-Walter, Wachinger, Burghart. Art. Speculum humanae salvationis, in: Verfasserlexikon, 2. Aufl., Bd. 9 (1995), Sp. 59f. - S. 101–102 Spiegelblatt hinten, neu
- S. 103 Besitzeintrag und Inhaltsangabe, 15./16. und 16. Jh.
- S. 104 leer
Entstehung der Handschrift:
Linquist stellte 1924 in der Schreibsprache alemannisch-schwäbische Eigentümlichkeiten fest (S. XVII–XXI). Nach dem Wasserzeichen und dem Kalendar der Diözese Konstanz hielt er die Lokalisierung in die [Ost-]Schweiz für wahrscheinlich. Möglich erscheint auch eine Lokalisierung nördlich des Bodensees; nach den Urkunden, die als Spiegelblätter verwendet wurden, wurde die Handschrift in Schwaben eingebunden. Die Zuweisung an Konrad von Helmsdorf (siehe Besitzer) stammt aus dem 16. Jahrhundert; auf wen sie zurückgeht, ist nicht geklärt. Der Sammelband wurde im späten 15. oder im 16. Jahrhundert zusammengestellt, weitere Teile: (3) Albrecht von Eyb, Ehebüchlein, Augsburg: Günther Zainer, um 1473 (GW 9522), (4) Ingold, Das goldene Spiel, Augsburg: Günther Zainer, 1472 (GW M12087), (5) Jakob Twinger von Köngshofen, Chronik. Die Teile (3) und (4) in: Gamper, Katalog der Inkunabeln, Nr. 104 und 129 sowie im Onlinekatalog der Kantonsbibliothek St. Gallen, Signatur: VadSlg Ms 352 (K3) und (K4), Teil (5) ist beschrieben im Onlinekatalog HAN. Der Sammelband wurde bei der Restaurierung 1989 aufgelöst.
Provenienz der Handschrift:
- S. 103 Wer (?) das buoch fint der gebs dem Bastion Guuldinast (?) wider. Wer das nit tuot, der ist dem hencker am strick gut, 15./16. Jh.
- Darunter, stark verschmiert, nur teilweise lesbar: D … buecher seind mein. Wers stilt der ist ein dieb. D … hat geschriben Curat [sic] von Helmsdorff cor … Byschoffzell. Das ander Albrecht von Eyb … [nur ein Wort am Ende der folgenden Zeile:] herr … , [nur einige Buchstaben am Ende der folgenden Zeile:]...gen. [Le]rne mit fleiß, so wirst du weiß, 16. Jh. Wahrscheinlich identisch mit dem Christophori ab Helmsdorff compendium bibliorum, das nach Bartholomäus Schobinger um 1600 im Besitz von Melchior Goldast war (Scherrer, St. Gallische Handschriften, S. 18 nach Goldast, Alamannicarum rerum scriptores, Teil 3, S. 145).
- Später kam er wahrscheinlich in den Besitz der Familie Schobinger.
Erwerb der Handschrift:
Verzeichnet im Handschriftenkatalog der Stadtbibliothek St. Gallen von 1649, VadSlg Ms. 8a, 3v unter den Libri manuscripti in folio mit der Signatur A 56: 1. Figuren uß dem alten Testament, mit teütschen reymen erkleret. 2. Erklerung der frag: Ob ein Mann ein ehrlich weib nemmen solle, oder nit? gedruckt anno 1472. 3. Von Alexandro M. Philippo, und andere Königen. Alte Signaturen: Spiegelblatt vorn mit Rötel L 283, Auf dem Innendeckel H 16 durchgestrichen, F 3
Bibliograph. Nachweise
- Gustav Scherrer. - Verzeichniss der Manuscripte und Incunabeln der Vadianischen Bibliothek in St. Gallen. - St. Gallen 1864, S. 103
Literatur
- Goldast, Melchior (Hrsg.). - Paraeneticorum veterum pars I. - Lindau 1604, S. 370
- Goldast, Melchior (Hrsg.). - Alamannicarum rerum scriptores aliquot vetusti. – Frankfurt 1606, Teil 3, S. 145
- Scherrer, Gustav. - St. Gallische Handschriften, in Auszügen herausgegeben. - St. Gallen 1859, S. 18-27
- Trogus, Wolfgang. - Der Dichter Konrad von Helmsdorf. In: Immenstaader Heimatblätter. - Immenstaad 1979/3, S.55-60
- Wegelin , Peter. - Kostbarkeiten aus der Vadiana St. Gallen in Wort und Bild. - St. Gallen 1987, S. 51-56
- Michael Curschmann. - Facies peccatorum - Vir bonus. Bild-Text-Formeln zwischen Hochmittelalter und früher Neuzeit, in: Poesis et pictura. FS Dieter Wuttke. - Baden-Baden 1989, S. 157-189, hier S. 177 und Abb. 8
- Die Karlsruher Passion. Ein Hauptwerk Strassburger Malerei der Spätgotik: Ausstellungskatalog Karlsruhe 1996, Stuttgart 1996, S. 228f.
- Konrad, Berndt. - Die Buchmalerei in Konstanz, am westlichen und am nördlichen Bodensee von 1400 bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, in: Buchmalerei im Bodenseeraum 13. bis 16. Jahrhundert, hrsg. im Auftrag des Bodenseekreises von Eva Moser. - Friedrichshafen 1997, S. 268f., KO 13 (Lit.)
- Gamper, Gertraud und Rudolf. - Katalog der Inkunabeln in der Kantonsbibliothek St. Gallen. Vadianische Sammlung der Ortsbürgergemeinde und Eigenbestand. - Dietikon-Zürich 2010
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