Kurzcharakterisierung:Die in dieser Fragmentensammlung zusammengestellten Fragmente wurden vor 1858 von P. Gall Morel von Bucheinbänden losgelöst und um 1860 in diesem Band zusammengestellt. Es handelt sich um Fragmente von Sequenzen (zwei Sammlungen), Hymnenmelodien (wie sie heute noch hier in Einsiedeln gesungen werden), drei Gloriamelodien (die dritte wird Papst Leo IX. zugeschrieben), drei liturgische Spiele sowie die Novem modi des Hermannus. Der Codex ist musikgeschichtlich wichtig, weil hier erstmals für Einsiedeln die Neumen auf vier (eingeritzten) Notenlinien verteilt sind; es handelt sich um den alemannischen Choraldialekt.(lan)
Standardbeschreibung: Beschreibung für e-codices von P. Dr. Odo Lang OSB, Stiftsbibliothek Einsiedeln, 2010.
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Online seit: 04.11.2010
Einsiedeln, Stiftsbibliothek, Codex 366(472)
Pergament · 91 pp. · 27 x 19/20 cm · Einsiedeln · 11. / 12. Jahrhundert
Fragmenta Sequentiarum
Wie zitieren:
Einsiedeln, Stiftsbibliothek, Codex 366(472), p. 8 – Fragmenta Sequentiarum (https://www.e-codices.ch/de/list/one/sbe/0366)
Beschreibung für e-codices von P. Dr. Odo Lang OSB, Stiftsbibliothek Einsiedeln, 2010.
Handschriftentitel: Fragmenta Sequentiarum
Entstehungsort: Einsiedeln
Entstehungszeit: 11./12. Jh.
Frühere Signatur:
Keine alte Signatur.
Beschreibstoff: Pergamenthandschrift.
Umfang:
a-q + 58 + k-z Seiten.
Format: Ca. 270 x 190/200 mm.
Seitennummerierung: Neuzeitliche (19. Jh. / P. Gall Morel) Paginierung mit Tinte in arabischen Zahlen 1-58.
Vorne und hinten je ein Quaternio Papier (19. Jh.), mit Bleistift bez. mit a-q und k-z.
Lagenstruktur: Lagen: IV (Papiervorsatz), Einzelblätter,
Bogen bzw. Teile von Lagen, IV (Papiervorsatz). Keine Kustoden und keine Reklamanten.
Zustand: Feines, gut geglättetes Pergament, F und H ursprünglich
weiss, jetzt z.T. stark gebräunt oder graugelb. Einige Risse.
Seiteneinrichtung:
215 x 190 mm.
Einrichtung durch Rahmen und Linierung mit Metallgriffel: ab // cd // ef. Zirkellöcher am Rand
zwischen e und f sichtbar. Keine Kolumnentitel.
16 Textzeilen.
Schrift und Hände:
Von 1 Hand in sorgfältiger, kalligraphischer, romanischer Minuskel geschrieben,
Seite 57-58 Zu bemerken: Diese Sequenz von Hermannus ist von anderer Hand ohne Neumen geschrieben
vgl. Chev. 26433; AH 44, 204-206.
Musiknotationen: Neumenschrift. 16 Notensysteme (4 Notenlinien eingeritzt, eine rot ausgezogen)
Buchschmuck: Braune bis schwarze Tinte. Titel in minium Rustica. Anfangsbuchstaben minium romanische Majuskeln.
Drei Zierinitialen: (27) S(ancti), (36) P(rimo), (50) V(irginis). Rubriziert.
Spätere Ergänzungen:
Im Anhang auf den Blättern l-u verzeichnete P. Gall
Morel den Inhalt der Fragmentensammlung und fügte einige
Bemerkungen hinzu. 1. (l)P. A. Schubiger giebt im Anhang 27 der folgenden Lieder
in seiner “Sängerschule” mit der Bezeichnung Cod. Eins. Fragm. 1 (weil a.o 1858 als jenes Werk
erschien diese Fragmente noch nicht gebunden und Nummerirt waren). Zwei daselbst so bezeichnete Stüke. N° 27
Congaudent angelorum chori, und 30 Dilecte deo Galle sind übrigens nicht in diesem Codex. - (u)Hoc folium uidetur esse ultimum Codicis integri, cuius dilaceratio multum est deploranda, cum multiplici
numero distinguatur, et plurimum faciat pro historia rei musicae. Auf Seite q: Bemerkung von P. Gall Morel: Plures harum
Sequentiarum cum melodia edidit P. Anselmus “Sängerschule von St. G.” in appendice.
Einband:
19. Jh. - 273 x 206 mm. Pergamenteinband. 2 Kartondeckel. Pergament.
Spiegelblätter vorne und hinten aus grauem Papier, je 1 Bogen (das 1. und letzte Blatt aufden VD bzw. RD geklebt), bez. mit I-II
und III-IV.
Zu bemerken: Seite 41 Titel des Werkes, für den das Blatt als Einband oder als Spiegelblatt verwendet worden war: Boetius Patricius et Consul Romanus, qui et Anitius Manlius Seuerinus dictus est, vir eruditissimus, scripsit inter alia multa praeclara volumina et hos VI libros et Edit: in Peri Hermenias Articulis.
Textgeschichte: Auf einigen Blättern Angaben über die
Herkunft der Fragmente oder alte Bibliotheksvermerke (Einbände und Spiegelblätter von Handschriften usw.),
z.B. (27)Aus Cod 250; (33)XVII.16; (34)fuit in Ms. 235; (36)XVIII.1;
(54)XXIV.1.
1.
Seite 1-36Fragmenta Sequentiarum>1[De natiuitate domini] mundo plene dedita.<Hac nocte …–…
36
meritis tuis adiuuemur suffragiis. Intercede pro nobis.
Zum Inhalt dieses 1. Teils der Fragmentensammlung:
37.
(35)
>Item de s. Maria<
:
Psalle ludens thalia
2.
Seite 36-44Fragmenta Hymnorum>(36) Incipit diversitas melodie ymnorum.<Primo diervm omnium …–…
(44)
christo celorum agmina […] scandit astra mauritius.
Zu bemerken: Dieser Teil enthält die Melodien der Hymnen, wobei jeweils nur die 1. Strophe ausgeschrieben
und mit Neumen notiert ist. Zum Inhalt:
68.
(44)
(am Rand erg.: Ave katharina martyr et regina)
69.
Martyris Christi colimus triumphum
70.
Quem terra pontus aethera
71.
Gaude uisceribus mater
72.
O sancta mundi domina
73.
Christe supreme dominator alme
74.
Alma Christi quando fides
75.
Christo celorum agmina
3.
Seite [45/46] 47-50Fragmenta Sequentiarum
Zum Inhalt: Dieser Teil enthält nochmals einige Sequenzen:
1.
>De s. Nicolao:<Perpes laus et honor tibi (nicht erhalten)
2.
>De s. Nicolao<(Anfang fehlt)(45) Congaudentes exultemus
3.
>(46) Divisio<Nos qui sumus in hoc mundo …–…
Ex ipsius tumba manat
4.
>(47) In dedicatione ecclesiae<Psallat ecclesia mater illibata
5.
>(48) In natale apostolorum:<Clare sanctorum senatus
6.
>De martyribus <
(Anfang fehlt, nicht verifizierbar)
7.
>(49) De confessore:<Rex regum deus noster colende
8.
>(50) In natale virginum:<Virginis venerandae.
Zu bemerken: Die Seiten 45/46 sind ein schmaler Pergamentstreifen und enthalten nur einzele Worte, die nicht
eindeutig zugeordnet werden können.
4.
(52)
>Panormia fidei <
(Credo, nicht erhalten).
5.
Seite 53-56Ludi liturgici(53)
Infantem uidimus p.Pveri. …–…
Qui sunt hi quos stella ducit. …–…
Pastores …–…
(56)
Chorus. …–…
Te deum laudamus.
Zum Inhalt: Dieser Teil enthält Fragmente einiger liturgischer Spiele:
1.
(53)
Ludus de Nativitate Christi (Anfang
fehlt)
6.
Seite 56-57Herimannus: Novem modi>(56) Incipiunt VIIII modi qui sunt in musica. Uersus atque notas herimannus protulit istas.<Pandat ut ad uotum cuique exemplaria uocum …–…
(57)
tetrardus finitur quarta.
Zum Autor: Hermannus ,
1013-1054: Tusculum-Lexikon, 208f.;
VerfLex2 3, 1981, 1082-1090, bes. 1083;
LMA 4, 1989, 2167-2168;
LThK3 4, 1995, 1443.
Zu bemerken:
Hermannus , Opera (PL 143,440);
Vgl. Gerbert M, Scriptores ecclesiastici de musica
sacra potissimum, 3 vol., St. Blasien 1784, II, 149;
die beiden Zeilen auf S. 57 oben gehören nicht zum Gedicht
und konnten nicht identifiziert werden.
7.
Seite 57-58Herimannus : De s. Maria Magdalena(57)
Exsurgat totus almiphonus super celestium chorus
…–…
(58)
cum angelis in syon. ysus eanaston eonon.
Entstehung der Handschrift:
Für Einsiedeln und wohl in Einsiedeln geschrieben.
Ebel B., Das älteste alemannische Hymnar mit Noten, Kodex 366(472) Einsiedein
(XII. Jahrhundert). Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der hohen philosophischen Fakultät
der Universität Freiburg in der Schweiz, Einsiedeln 1931;
Häne R., Einsiedelns geistliche Spiele (SchRd 25, 1925, 277-291);
Häne R., Das Einsiedler Meinradsspiel von 1576. Ein Beitrag zur schweizerischen Literatur- und Theatergeschichte
(Beilage zum Jahresbericht der Stiftsschule 1925/1926, Einsiedeln 1926);
Häne R., Das älteste Einsiedler Weihnachtsspiel (MRb 18, 1928/1929, 89-92);
Hoffmann, Schreibschulen I, 85, 135;
Huglo M, Une composition
monodique de Latino Frangipane (Revue de Musicologie 54, 1968, 96.(8);
Jäggi O., Zum Tropus "Psalle ludens Thalia" (Der kultische Gesang der abendländischen Kirche,
hrsg. von F. Tack, Köln 1950, 63-66);
Lang, Mabillon, 23;
Lang, Kostbarkeiten, 20;
Lang, Maria, 20;
Lang, Bildung, 19;
Lang O., Uniformitas. Anspruch und
Wirklichkeit (Congaudent angelorum chori. P. Roman Bannwart OSB zum 80. Geburtstag. Festschrift, hrsg. von
Th. Bruggisser-Lanker und B. Hangartner, Schriftenreihe der Musikhochschule Luzern 1, Luzern 1999,99-118);
Lang, Liturgiegeschichte, 45;
Lang, Der Mönch und das Buch (2010), 102-104, 106, 125;
Lang, Laus mea Dominus, 16f;
Lipphardt W., Lateinische Osterfeiern und Osterspiele. Teil IV. Nachträge, Handschriftenverzeichnis, Bibliographie (Ausgaben deutscher Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts, Reihe Drama V, Berlin
1981);
Meier, Ligerz, 18, 37, 65;
Meier, Catalogus, 331 S.;
Müller I., Zu hochmittelalterlichen Hymnensammlungen
süddeutscher Klöster (EL 85, 1971, 121-149);
Schubiger A., Musikalische Spicilegien über das liturgische
Drama, Orgelbau und Orgelspiel, das ausserliturgische Lied und die Instrumentalmusik des Mittelalters (V. Band
der Publikation älterer praktischer und theoretischer Musikwerke, Jg. IV, 1987, Lief. II, 24-29, 31, 34);
Schuler E. A., Die Musik der Osterfeiern, Osterspiele und
Passionen des Mittelalters, Kassel-Basel 1951;
Schweizer Ch., Das österliche "Credo" des Wigbert von Solothurn.
Zur Überlieferung der Ostersequenz "Victimae paschali laudes" und des ältesten deutschen Kirchenliedes
"Christ ist erstanden" (Katholische Kirchenmusik 109, 1984, 8-18);
Stäblein B., Hymnen. Die mittelalterlichen Hymnenmelodien des Abendlandes (MMMA 1, Kassel 1956);
VerfLex2 2, 1980,427; 10, 1999, 1242;
Young K., The Drama of the Medieval Church, 2 vol., Oxford 1962-1967.