Kurzcharakterisierung:Chronologisch geordnetes Verzeichnis der Schweizer Heiligen vom heiligen Beat bis zu Nicolaus Rusca und dem Kapuzinerbruder Fidelis. Ausgeschmückt mit blaulavierten Federzeichnungen von der Hand des Konstanzer Malers Hans Asper. Als Vorbild für die Helvetia Sancta diente Murer höchstwahrscheinlich die Bavaria Sancta von Matthäus Rader, die 1615 in München erschienen ist.(lug)
Beschreibung von Marianne Luginbühl, Kantonsbibliothek Thurgau, Frauenfeld, 2013.
Handschriftentitel: Heinrich Murer: Helvetia Sancta
Entstehungsort: Kartause Ittingen
Entstehungszeit: 1638
Beschreibstoff: Papier
Umfang:
393 Bll.
Format: 310 x 200 mm
Seiteneinrichtung:
27 x 17 cm, einspaltig, Text: 37-54 Zeilen, Register: 33-56 Zeilen
Buchschmuck:
56 ganzseitige blau-, zum Teil auch graulavierte Federzeichnungen mit Darstellung der Schweizer Heiligen von der Hand des Konstanzer Malers Hans Asper d.J. (gest. 1655?). Unter den Abbildungen jeweils vier lateinische Distichen;
S. 407: Unkolorierte Federzeichnung vom Grab und von der Kapelle der heiligen Idda in Fischingen, wohl von der Hand Heinrich Murers;
S. 546: Unkolorierte Federzeichnung mit Christus am Kreuz und Strahlenkranz;
S. 577: Unkolorierte Federzeichnung mit gekröntem Christuskopf im Strahlenkranz
Bl. 1r
Der angegebene Titel:
Paradisus beatorum Helvetiae florum, das ist, Ein heiliger lustiger blumen-gartten, deren fürnemsten blumen von anfang der christenheit biß auff unsere zeyt in hailigkeit des lebens und mancherley wunderwercken gegrünnet.
Frontispiz mit dem heiligen Beat, dem Apostel der Schweizer heraldisch rechts und Niklaus von Flüe heraldisch links, dazwischen eine Kartusche mit dem Titel und dem Autor Heinrich Murer, darüber die Schutzherrin der Eidgenossenschaft, die Gottesmutter Maria mit Kind und Sternenkrone, auf einer Kapelle thronend zwischen betenden und Blumen tragenden Putten. Gestochen von Rudolf Meyer, nach Hans Asper; früher Plattenzustand des Kupferstichs in der 1648 bei David Hautt in Luzern gedruckten Ausgabe.
Bl. 2r-3v Erste Vorrede: Von der Hand von Bruno Müller (ca. 1569-1651), Prior der Kartause Ittingen: biographische Angaben zu Heinrich Murer und zur Entstehungsgeschichte der Helvetia Sancta
Bl. 391r Verzeichnis der Historien und Leben von den Heiligen und Seligen Gottes, von der Hand Murers, unvollständig
Entstehung der Handschrift:
Bemerkungen zu Autor und Werk:
Der Verfasser der Handschrift, Heinrich Murer, eigentlich Johann Heinrich, wurde am 2. März 1588 in Baden (Kanton Aargau) geboren. Er stammte aus einer Badener Familie. Seine Mutter, Salome Bodmer von Baden, heiratete in zweiter Ehe 1592 den Ritter, Alt-Schultheissen und Bannerherrn Ludwig Pfyffer von Altishofen aus Luzern, der indessen schon 1594 starb. Murer wuchs in Luzern auf. Er wird in den Quellen als civis Lucernensis, Bürger von Luzern, erwähnt und bezeichnet sich selbst in seinen Büchern so, ist aber im Luzerner Bürgerbuch nicht erwähnt. Murer besuchte zuerst die Jesuitenschule in Luzern, darauf diejenige in Pruntrut, wohl um die französische Sprache zu erlernen. Nach Abschluss der Schule studierte er Philosophie in Paris. Hier kam es offenbar zu ersten Kontakten mit dem Kartäuserorden. Die Ermordung des französischen Königs Heinrich IV. veranlasste ihn zur Rückkehr in die Schweiz. 1611, noch in Luzern, begann er ein Verzeichnis der Schweizer Heiligen anzulegen, das die Grundlage seiner „Helvetia Sancta“ bilden sollte. 1614 trat er in den Kartäuserkonvent Ittingen ein, wo er am 28. Februar 1638 starb.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, dass Heinrich Murer als Vorbild für seine „Helvetia Sancta“ die „Bavaria Sancta“ von Matthäus Rader diente, die 1615 in München erschienen war. Wie die „Helvetia Sancta“ ist sie reich illustriert mit Radierungen von Raphael Sadeler aus Antwerpen nach Zeichnungen von Matthias Kager. Murers Stiefbruder Christoph Pfyffer und dessen Gattin Anna Meyenberg schenkten dieses Buch 1621, also sieben Jahre nach dem Klostereintritt Murers, der Kartause Ittingen. Es findet sich heute in den Beständen der Kantonsbibliothek Thurgau.
Provenienz der Handschrift: Die „Helvetia Sancta“ von Heinrich Murer ist nach der Fertigstellung wie die anderen Handschriften Murers in der Kartause Ittingen geblieben. Vermutlich ist sie erst nach der Aufhebung der thurgauischen Klöster im Jahre 1848ff. in die Kantonsbibliothek Thurgau gelangt.
Bibliographie:
Meier, Gabriel: Der Karthäuser Heinrich Murer und seine Schriften / von Gabriel Meier. - Stans 1900 (SA: Der Geschichtsfreund ; Bd. 55, S. 3-38, bes. S. 28);
Früh, Margrit. - Die Vorzeichnungen von Hans Asper (d.J.) zu Heinrich Murers „Helvetia Sancta“ in der Kantonsbibliothek Frauenfeld / Margrit Früh (SA: Zeitschrift für schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte ; Bd. 45 (1988), S. 179-206);
Luginbühl, Marianne. - Die Bibliothek des Klosters Fischingen in der Barockzeit und heute / Marianne Luginbühl, in: Barockes Fischingen. Katalog [der] Ausstellung zum Abschluss der Restaurierungsarbeiten am Kloster Fischingen 1980-1991 unter dem Patronat des Thurgauer Regierungsrates. - Fischingen 1991, S. 93-123, bes. S. 104-107.