Schaffhausen, Stadtbibliothek, Min. 4
Bruckner Albert, Scriptoria Medii Aevi Helvetica 6, Schreibschulen der Diözese Konstanz: Kloster Allerheiligen in Schaffhausen, Genf 1952, S. 87-88.
Handschriftentitel: Jsayas, Hieremias, Baruch, lamentationes Hieremie, Hezechiel, Danihel, XII Prophetae, Job.
Entstehungszeit: S. XI.
Beschreibstoff: Schönes, gepflegtes, sehr gut geglättetes und zugeschnittenes, starkes Pg. Einzelne Risse mit farbiger Seide oder Wolle schön vernäht. Haarseite porig. Fleischseite weiss. HFHF.
Format: 25 x 36 cm
Seiteneinrichtung:
2 Kol.; (18,7(à 8,2) x 26,5 cm). 27 und 28 Zeilen. Liniierung mit Griffel. Oberste und unterste Zeile bis an den Rand gezogen. Begrenzungslinien: für jede Kol. b//c. Zirkellöcher am Rand.
Schrift und Hände:
- Blassbraune bis schwarze Tinte.
- F. 1-4 Capitula, unvollständig, sie beginnnen erst mit Hieremias, ausserdem fehlt der ganze Schluss; das Verzeichnis geht nur bis Ezechiel CXVI. Die einzelnen Kapitel beginnen stets mit Majuskel (Tinte), die roten römischen Kapitelzahlen sind herausgerückt.
- Das Verzeichnis ist von einer zierlichen, feinen Hand geschrieben, anders als in Min. 2, 3. Die nachfolgende Texthand ist nicht identisch, wenn auch sehr nahe verwandt. Was den Text betrifft, so haben wir, wie zb. in Min. 3, den Unterschied in der Zierinitiale bei den Vorreden des Hieronymus und bei den Bibeltexten. Dort kleinere Rankeninitialen, ohne farbigen Grund, ähnlich wie in Min. 2, rot konturiert, die Textinitialen der einzelnen biblischen Bücher dagegen ausgemalt. Die Incipit und Explicit wie in Min. 3, abwechselnd in Roter und schwarzer Rustica.
- F. 5v Haupttitel des Bandes, zweispaltig, ganzseitig. Oben links beginnend mit N (Rankeninitiale), rot konturiert, ohne farbigen Grund, dann beide Spalten abwechselnd eine rote bezw. eine schwarze Zeile in Rustica, F. 6 erst in Minuskel, hierauf F. 6b unten das INCIPIT/ESAYAS/PROPHETA rot/schwarz/rote Rustica.
- Hierauf F. 6v als Textbeginn ein ganzseitiges Bild in Deckfarbenmalerei, die Vision des Jesaias darstellend. Der Rahmen zeigt hier von aussen nach innen die Abstufung von Gold, Purpur (mit gelben und purpurnen Blümchen), Gold. Der Grund des Bildes ist purpurn. Die U-Initiale rot konturiert, das Füllsel golden. Der Fond im U ist ein blasses, sattes Grün. Christus trägt ein blaues Untergewand, ein stark rotes Übergewand, einen goldenen Nimbus, worin ein blaues Kreuz. Die Engel tragen gelblichbraune Über- und blaue Untergewänder, goldene Nimben. Der Mann unten rechts (Jesaias) besitzt ein gleiches blaues Untergewand, sowie einen braunen Überwurf. Der Thron ist golden. Eine Hand des 15. Jhs. schrieb an den Rand (U)isio Ysaie prophete.
- F. 7ra ist vollständig in Majuskeln geschrieben, die Zeilen abwechselnd rot, schwarz. Beachtenswert, dass im Folgenden der Text gleich aufgeteilt ist wie in Min. 2 und 3.
- Die Schrift stammt von einer nicht immer gleich sorgfältigen, festen, breiten Hand, mit der in Min. 2 und 3 übereinstimmend.
- Hände des 15. Jhs. schreiben am Kopf jeweils die Titel, wie Ysaias usw., gelegentlich auch die Lesungen wie feria V, lectio I usw. und zwar nur rechts oben.
Buchschmuck:
- Zu Beginn der Abschnitte (Kapitel) grosse rote Vollmajuskeln, ohne Verzierung, die Sätze beginnen mit Majuskel (Tinte). Einzelne Kapiteltitel in roter Rustica.
- An einzelnen grösseren und kleineren Zierbuchstaben - mit entsprechenden parallelen Textzeilen untereinander in Quadrata, Rustica, Unziale, rot bezw. schwarz (ähnlich wie in Min. 2 und 3), vgl. H 60, U 61 - hier farbiges Bild mit Christus und dem Propheten, die Farben wie in der Miniatur F. 6v, dazu Gold - , E 128v, Q 135v, H 140v, E 142 (F. 141v leer, vielleicht für Bild vorgesehen), D 206, A 208, N 235v, D 236, U 236, S 245, U 246, O 249v, U 250 (nur skizziert), I 257, U 258, I 259, E 259v, T 262, U 262v, N 267v, O 268v, A 271, O 271v, T 274v, U 275, H 278, I 279, S 281, I 282, D 292, O 293, C 296, U 297v. Der Band endigt ohne Explicit, vielleicht abgeschnitten, 327b nur im obern Teil bis AMEN erhalten.
- Die einzelnen Rankeninitialen, die zumeist blau-grünen Grund aufweisen, sind in der Regel nur rot konturiert. Sie stammen vom gleichen Künstler, der auch in Min. 2 und 3 tätig war. Der Codex ist eine auserlesene Arbeit und sehr schön ausgemalt.
Spätere Ergänzungen:
Sehr viele Marginalnoten, Lesarten, Hinweise auf ältere Schriftsteller, hauptsächlich von Händen des 11./12. Jhs., in feinen, zierlichen, kleinen Minuskeln. Wie Min. 2 und 3 ist auch dieser Band für das Bibelstudium in Allerheiligen vom 11./12. Jh. ab aufschlussreich. Einzelne Marginalien usw. auch 13 Jh. ff.
Einband:
In braungelbem, spätmittelalterlichem
Ledereinband (25,5 x 37,5 cm) mit 4 Bünden. Je 5 Messingbuckel (drei davon 1925 ersetzt) auf beiden Deckeln (einer fehlt in der Mitte des Vorderdeckel). 2 Schliessen, fehlen. An Rückdeckelkante Lederriemchen mit Kupfernagel befestigt. An Vorderdeckel zwei Eisenstifte. Vorn und hinten je 1 Papierdoppelbl. als Spiegel - und Schmutzbl. Rückenetikette (18. Jh.): Cod. 4 Bib./ Prophetae et Jobus, (jünger): s. XI.
Zusatzmaterial:
Auf dem vorderen Spiegelbl. ist ein Papierzettel (um 1500) aufgeklebt, mit Einträgen betr. einzelne Sonntage.
Provenienz der Handschrift: Bibliotheks-Vermerk (16. Jh.) F. 1: Bibliothecae ecclesiae Scaph. ad D. Johann.
Erwerb der Handschrift:
MABK. I 293 Z. 30:
Item, excepto octateuco evangelio, psalterio, tota in singulis libris per has partitiones divisa: in I. libri prophetarum et Job.