Frauenfeld, Kantonsbibliothek Thurgau, Y 120
Beschreibung von Dorothee Rippmann und Maria Solovey, Kantonsbibliothek Thurgau, Dezember 2018/Januar 2019.
Handschriftentitel: : Obsequiale
Entstehungsort: Vermutlich Konstanz
Entstehungszeit: ca. 1482 (Wasserzeichen: letztes Viertel des 15. Jahrhunderts)
Frühere Signatur:
Beschreibstoff: Papier, Wasserzeichen: Ochsenkopf mit/ohne Augen, mit Krone auf zweikonturiger Stange und darüber Blume (ähnlich Piccard 70748); Ochsenkopf mit Krone auf zweikonturiger Stange (ähnlich Piccard 64225) und Ochsenkopf mit Blume
Umfang:
72 Blätter
Format: 21 x 15.5 cm
Seitennummerierung: originale Foliierung bis fol. 47: i-xlvii ; neuere Foliierung mit Bleistift: I. 1-71
Lagenstruktur:
VI12 + VII26 + I28 + V38 + I40 + 2(VI)64 + 2(II-1)70, teilweise mit Wortreklamanten und Kustoden (am Lagenanfang), mit Blattweisern ; Makulatur als Verstärkungen in den Lagenmitten
Seiteneinrichtung:
Schriftraum: 15 x 10 cm, 21-39 Zeilen (Zeilenzahl nimmt in der zweiten Hälfte des Bandes zu)
Schrift und Hände:
Bastarda von einer Hand
Buchschmuck: einfache Initialen, 1-2zeilige Lombarden, rubriziert - diese Hervorhebungen gesamthaft in roter Tinte
Einband:
neuer Einband des frühen 20. Jahrhunderts, Leinen auf Holz
Inhaltsangabe:
Dieses liturgische Handbuch gibt Anleitungen für die Gestaltung liturgischer Handlungen wie insbesondere die Spende der Sakramente von Taufe, Hochzeit, Versehung der Kranken und Beerdigung der Verstorbenen. Es enthält kirchliche Segnungen und Exorzismen. Im Unterschied zu den Breviarien, die aus dem Bistum Konstanz überliefert sind, enthält es weder ein Kalendarium noch ein Psalterium noch das Proprium de tempore. Siehe allgemein dazu: Adolph Franz: Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter, 2 Bde., (Nachdruck) Graz 1960 und Josef Andreas Jungmann: Missarum sollemnia: eine genetische Erklärung der römischen Messe, Bonn 2003 (Reprograph. Nachdruck der Ausg. Freiburg, 1962, 5. verb. Aufl.). Folgend werden im Wesentlichen die in Rot gesetzten Anweisungen wiedergegeben. In schwarzer Tinte sind die Gebete (orationes), Psalmen, Antiphone und Responsorien gesetzt (hier nicht im Einzelnen aufgeführt). Eine ausführliche Beschreibung kann auf Anfrage in der Kantonsbibliothek Thurgau eingesehen werden.
- fol. 1r-v Vorwort des Bischof Otto von Sonnenberg an alle Kirchenvorsteher, Plebane, Vizeplebane, Vikare und andere Seelsorger in der Diözese Konstanz.
- fol. 2r-3v Segnungen des Weihwassers u.a.
- fol. 4r-21r Die Taufordnung
- fol. 21v-31v Der Versehgang und die Sterbesakramente (letzte Ölung Kranker und Sterbender)
- fol. 31v-40v Die Bestattung
- fol. 41r-44v Das Ehesakrament
- fol. 45r-49v Die Aussegnung der Wöchnerin
-
fol. 49v-64v
Unvollständiges Proprium de tempore
Beginn des Proprium de tempore mit der Fastenzeit und Ostern -
Einige Benediktionen:
-
(fol. 65v)
Die Segnung des Specks und der Käse>
>Ad benedictionem lardi<
- >Super caseos<
-
(fol. 66r)
Die Segnung der Eier und des Brots
>Super ova oratio<
- >Benedictio panis<
- (fol. 66v) Segnung der Kräuter am Tag der Auferstehung Mariae >In die assumptionis Marie virginis benedictio super herbas<
- (fol. 68r) Hier wird in einem Abschnitt, beginnend mit Nota de sepeliendis funeribus ... , auf die folgenden Handlungen, die auch andere Themen berühren, verwiesen.
- fol. 71r und 71v Leere Seiten.
-
(fol. 65v)
Die Segnung des Specks und der Käse>
>Ad benedictionem lardi<
Entstehung der Handschrift: Otto IV., Bischof der Diözese Konstanz, 1474 vom Konstanzer Domkapitel zum Bischof gewählt, mit Unterstützung Kaiser Friedrichs III. Sein Gegenspieler war der vom Papst unterstützte Ludwig von Freiberg; der so gen. Bistumsstreit dauerte von 1474 bis 1480 und wurde 1481 mit der Weihe Ottos von Sonnenberg beendet. Die Handschrift entstand vermutlich kurz nach der Weihe im Raum Konstanz.
Provenienz der Handschrift: Der Band wurde im Jahre 1725 in der Sakristei der Kirche in Märstetten aufbewahrt (Besitzvermerk auf fol. Ir).
Erwerb der Handschrift: Seit 1886 ist der Band als Besitz der Kantonsbibliothek Thurgau belegt. Vermutlich kam er mit der Überführung der Thurgauer Klosterbibliotheken nach der Aufhebung dieser im Jahre 1848 in Staatsbesitz.
Bibliographie:
- Katalog der Thurgauischen Kantonsbibliothek von 1886. - Frauenfeld 1887, S. 153, 583.