Für diese Handschrift sind folgende Beschreibungen vorhanden

  • Scarpatetti Beat Matthias von, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Gallen, Codices 1726-1984 (14.-19. Jahrhundert) Stiftsbibliothek St. Gallen 1983, S. 197-199.
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  • Mengis Simone, Schreibende Frauen um 1500. Scriptorium und Bibliothek des Dominikanerinnenklosters St. Katharina St. Gallen (Scrinium Friburgense 28), Berlin 2013, S. 362-363.
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St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 1917
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Scarpatetti Beat Matthias von, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Gallen. Codices 1726-1984 (14.-19. Jahrhundert), St. Gallen 1983, S. 197-199.

Handschriftentitel: Compilatio Mystica (Geith'scher Traktat)
Entstehungsort: Dominikanerinnenkloster St. Katharina St. Gallen / nachmals Wil
Entstehungszeit: 15. Jh.
Beschreibstoff: Papier. Wasserzeichen Traube an Henkel mit Griff, ziemlich ähnlich Briquet, Filigranes Nr. 12996 · (1446/1447), ab 12. Lage p. 269ff. Ochsenkopf mit Stern, ähnlich Piccard, Ochsenkopf- Wasserzeichen 11/2, Abt. VII Nr. 301 ff.
Umfang: 342 pp.
Format: 20,5 x 14,5
Seitennummerierung: Neue Paginierung von der Hand Greiths (s. u.).
Lagenstruktur: Sexternionen, außer 1-40, 209-268. Bl. 341/342 ist 1. Bl. einer fehlenden Lage, wohl der letzten, Text bricht ab. Römische Lagennumerierung und ausführliche Wortreklamanten von der Hand der Schreiberin.
Seiteneinrichtung: Einspaltig 14/15 x 8, 21-25 Z., Liniierung Bleistift und Tinte.
Schrift und Hände: Von der Bastarda herkommende Halbkursive, anfänglich noch entfernt von der Bourguignonne beeinflußt, gegen Schluß zunehmend formlos, von einer Hand, höchstwahrscheinlich einer weiblichen.
Buchschmuck: Raum für 2- bis 3zeilige, nicht ausgeführte Initialen ausgespart.
Spätere Ergänzungen: Am rechten Rand p. 121 lat. Stoßgebet von fremder, zeitgenössischer Hand. Bleistiftmarginalien Greiths passim.
Einband: Einband 15.Jh., dunkelbraunes Leder auf Holz, eine von hinten auf den vordem Deckel gehende Schließe verloren. Im Falz Pg.-Fragmente aus Psalterium oder Brevier des 13./ 14.Jhs.
Inhaltsangabe:
  • 1-342 [Compilatio. Mystica / Greith'scher Traktat] [N]vn hoͤre vnd vernym Wye dy haylig driualtigkait gesprochen hat in dem ersten puch moysi Wir sullen machen aynen menschen nach vnserm bilde vnd geleychnuss vnd disz merck eben Wann es ist ain grund götlicher beckanntnuß …–… Wenn wir betten wellent So sullent wir vnser sundher fur nemen vnd sullent die betrachten vnd vns der vor got schemen so werden! wir forchtsam vnd dymutig vnd inbrunsfenklich betten vnd bitten vnd applas vnser sunde vnd werdint denne von // [bricht ab].
    Der Text bildet eine Meister Eckbart nahestehende Kompilation mystischer Abhandlungen. Herstellungsort höchstwahrscheinlich ein süddeutsches Dominikanerinnenkloster, evtl. St. Katharina St. Gallen selbst. Die Bezeichnung des Traktats nach Carl Greith (1808- 1882), Bischof von St.Gallen (ab 1862), bezieht sich auf dessen erste gesamthafte Veröffentlichung und Übertragung der Kompilation in seinem Werk «Die deutsche Mystik im Prediger-Orden (von 1250 bis 1350)», Freiburg i.Br. 1861. Der dort als 2. Buch p. 96-202 gegebene Text der Handschrift bildet eine freie, durch zahlreiche Eingriffe in Wortlaut und Inhalt sowie Auslassungen partienweise umgeformte Übertragung ins Neuhochdeutsche, betitelt mit «Das Lehrsystem der deutschen Mystik», gegliedert in 6 Kapitel, das erste in drei Unterkapitel. Keine systematische Angabe der Seitenzahlen der Handschrift, sondern nur vereinzelt in Klammern, vgl. p. 99 seiner Ausgabe den Verweis auf p. 11 und 12 der Hs., p. 101: 17, 102: 20 und 21, 104: 25 und 28, 108: 40, 109: 45, 113: 56, 120: 76, 125: 90, 138: 131, 185: 284, 190: 301. Auf der 5. Seite vor Schluß der Hs., p. 338, endet die Übertragung.
    Josy Seitz, Der Traktat des «Unbekannten deutschen Mystikers» bei Greith, Diss. Zürich 1936/Leipzig 1936, vermittelt in einer Liste p. 72-76 alle wesentlichen Eingriffe Greiths, p. 34-40 die in der Kompilation vorliegenden, gedruckt zugänglichen Entlehnungen aus den mystischen Texten der Zeit, deren Hauptanteil auf Eckhart, Tauler, Seuse sowie auf das Buch von geistlicher Armut und eine Reihe weiterer Werke fällt, vgl. auch die Kompositionstabelle p. 54-70. Bisher sind fünf Handschriften der Compilatio bekannt: 1. Zentralbibliothek Zürich, Ms. C 108b, Papier, 8° , 224ff., 15. Jh., Mohlberg, Handschriften Nr. 140; 2. StiBSG Cod. 1917; 3. München, Bayerische Staatsbibliothek Cgm. 5233, Papier, 8° , 273ff., datiert 1417, nicht in gedrucktem Katalog; 4. ibid. Cgm. 4373, Papier, 4° , 278ff., 15.Jh., Catalogus Monacensis VI (1866), Deutsche Handschriften p. 449; 5. Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, Cod. theol. 1886, Papier, 4°, 1614, nicht in gedrucktem Katalog, vgl. Bibliothecae Uffenbachianae universalis T. 3, Francofordiae 1730, Nr. 56, p. 721-724. Die Hamburger Handschrift gibt als Quelle eine Handschrift von 1475 gemäß deren Kolophon an, welche gemäß Notiz von 1614 aus dem Dominikanerinnenkloster St. Gertrud in Köln stammt und noch nicht gefunden bzw. identifiziert werden konnte. Eine alle fünf Handschriften berücksichtigende kritische Edition der gesamten Compilatio bei Rosemary Cadigan, The Compilatio Mystica (Greith's Traktat) in the Original: An Edition of Ms. C 108b Zürich with Reference to four other parallel Manuscripts, Diss. University of North Carolina, Chapel Hill 1973, ungedruckt (Mikrofilm-Kopie erhältlich), p. 1-441. Die Textstellen der Compilatio, die einzig in StiBSG Cod. 1917 vorkommen, ibid. (p. 574-581) im Wortlaut. Der von Cadigan auf der Basis der Zürcher Handschrift gegebene Text vermittelt sämtliche Varianten sowie alle in früheren Drucken publizierten Textteile; p. xxxviii-lxiv eine synoptische Tabelle der fünf Handschriften; p. lxxviii Handschriftenstemma, in welchem StiBSG Cod. 1917 zusammen mit Cgm. 5233 an erster Stelle nach der erschlossenen Urschrift. Eine genaue äußere Beschreibung unserer Handschrift bei Seitz, Traktat p. 6-9, ferner bei Cadigan, Compilatio, p. xii-xvi, dort auch etwas summarischere Beschreibungen der weiteren vier Handschriften p. xvii-xxxv, schließlich ist sie aufgeführt bei Vogler, St. Katharina p. 248 Nr. 64.
    Vgl. auch Greith, Mystik p. 81 und passim; M. Pahncke, Untersuchungen zu den deutschen Predigten Meister Eckharts, Diss. Halle 1905, p. 6-11; PH. Strauch, Zu Greiths Compilatio Mystica, in: Fs. Hundert Jahre A. Marcus und E. Webers Verlag, Bonn 1919, p. 132-136; sowie die bei Seitz, Traktat und Cadigan, Compilatio, gegebene weitere Literatur. Diejenige zu C. Greith siehe unter Cod. 1887.
Provenienz der Handschrift: Der Band stammt aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina in St. Gallen, nachmals in Wil. Besitzeinträge auf dem vorderen Spiegelblatt: Dis Buh gehort den schwöstren ze sant katherinenpredier orden ze sant gallen, Hand des 15. Jhs.; Behört in St. Catharina Closter vor Weyl. Von dort stammt auch Cgm. 5233 gleichen Inhalts (s. u.), wohl über Schenkung Greiths an Franz Pfeiffer mit dessen Nachlaß in die Bayerische Staatsbibliothek gelangt.
Erwerb der Handschrift: In StiBSG seit 16. September 1930 als Depositum der bischöflichen Bibliothek St. Gallen.