St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 1902
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Scarpatetti Beat Matthias von, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Gallen, Codices 1726-1984 (14.-19. Jahrhundert) Stiftsbibliothek St. Gallen 1983, S. 169-171.

Handschriftentitel: Psalterium/Breviarium, dominikanisch, für Klosterfrauen
Entstehungsort: Dominikanerinnenkloster St. Katharina auf dem Nollenberg bei Wuppenau / vormals St. Gallen, nachmals Wil
Entstehungszeit: 14. Jh.
Beschreibstoff: Pergament
Umfang: 394 + w-z pp.
Format: 12,5 x 9
Seitennummerierung: Neue Paginierung.
Lagenstruktur: Septernionen, ausser IV1-12, das vierte Blatt herausgeschnitten, [II12a-h], ganze Lage herausgeschnitten, VI321-368, V369-388, II389-394, das erste Blatt herausgeschnitten.
Seiteneinrichtung:
  • Einspaltig 8,5 x 6/6,5,
  • p. 365-368 zweispaltig (2,5),
  • Liniierung Tinte, 17-18 Z.
Schrift und Hände: Gleichmässige Textualis quadrata von einer Hand mit starker Bogenverbindung, die Federführung zeitweise gewellt und zittrig. Für abgekürzte Texte kleinere Schriftgrösse.
Buchschmuck:
  • Dreizehn sorgfältig gearbeitete Blattgold-Miniaturen und -initialen.
  • P. 36 (Ps. 21): Kreuzigungsszene mit stark gekrümmt hängendem Christus und den beiden Marien, daneben Grablegung mit denselben und Joseph von Arimathäa (vgl. auch p. 265), beide Kompositionen in rechteckigem, rot­grün-blauem Rahmen von der Breite des Schriftspiegels und sieben Zeilen Höhe, darunter angehängt die dreizeilige Initiale mit blattvergoldetem Buchstaben;
  • p. 41 (zum Anfang des Ordinarium Officii): fünfzeilig, Christuskopf (?) mit u.a. grünem Nimbus (auf dem Schweisstuch der hl. Veronika?), in blauem D mit grauviolettem Drachenschweif, stark beschädigt;
  • p. 63 (Anfang des Psalteriums): siebenzeilig, Noli me tangere mit Christus in violettem Gewand mit grünem Nimbus und Szepter, Magdalena knieend, in blauem B mit verziertem Schaft, beschädigt;
  • p. 72 (zu Ps. 26) siebenzeilig, Befreiung Petri durch Engel in blattverziertem, graublauem D, daran Drache mit blattverziertem Schweif, leicht beschädigt;
  • p. 78 (zu Ps. 30): achtzeilig, Bischof mit Mitra und Stab in roter Glockenkasula (evtl. Ambrosius wegen Bezug Ps. 30 zu Te deum), beschädigt;
  • p. 97 (zu Ps. 38): siebenzeilig, Königin oder Kaiserin (hl. Kunigunde ?) in rotem Mantel mit Reichsapfel;
  • p. 124 (zu Ps. 51): siebenzeilig, Erzengel Michael als Seelenwäger und Drachentöter mit Waage und Stab, in grauviolettem Q mit Drachencauda;
  • p. 125 (zu Ps. 52): fünfzeilig, hl. Franziskus mit Stigmata und Buch;
  • p. 152 (zu Ps. 68): siebenzeilig, violettes, weiss ornamentiertes S als Drache, mit Ranken und Blüten;
  • p. 186 (zu Ps. 80): sechszeilig, Engel stösst mit Spiess nackten Menschen ins Höllenfeuer;
  • p. 217 (zu Ps. 97): fünfzeilig, vermutlich hl. Dominicus, tonsurierter Mönch in schwarzem Mantel über weissem Skapulier, Attribute unklar (in der Linken evtl. Lilie über rotem Stern);
  • p. 221 (zu Ps. 101): siebenzeilig, hl. Katharina, gekrönt, in rotem Mantel, verehrt von zwei knieenden männlichen Gestalten, im Hintergrund Gerüst mit zwei Rädern;
  • p. 265 (zu Ps. 116): sechszeilig, Kreuzabnahme, Joseph von Arimathäa trägt den Körper, die beiden Marien halten die Arme. Ein- bis fünfzeilige rote und blaue Lombarden mit bescheidenem rot­blauem Fleuronné, Rubrizierung.
  • Zwischen p. 12 und 13 vier Blätter herausgeschnitten, die drei letzten mit sicher halb-, evtl. ganzseitigen Miniaturen.
Einband: Einband 16.Jh., braunes Leder auf Holz, Streicheisenlinien, Stempel, Pflanzenornamentik, zwei Metallschliessen, vergoldete Ledersignakel.
Inhaltsangabe:
  • 1-390 [Psalterium/Breviarium ordinis Praedicatorum, Constantiensis dioecesis, ad usum Sangallensem]
    Teilweise, in schwachen Andeutungen, in die Tagzeiten gegliedert, dazu Teile des übrigen Breviers. Wenige Rubriken, zum Teil nachträglich eingefügt. Text fehlerhaft, von des Lateins wenig kundiger Schreiberin geschrieben.
    • (1-12) [Calendarium].
      Heiligenliste mit vielen weiblichen und diversen selteneren Heiligen. Die Konstanzer und St. Galler Heiligen sind aufgeführt.
      • Im November, p. 11, sind von späterer Hand nachgetragen Elizabeth de marbvrch und Katherine virginis.
    • (13-334) [Psalterium partim feriatum].
      • (251) Vesper Dixit dominus
      • (258) Dixit dominus
        [mit fünfzeiliger Init.],
      • (268) Prima. Ymnus Jam lucis
      • (274) Ze tercia,
      • (280) Ze sexta,
      • (287) Nona,
      • (294) Prima,
      • (297) Ze tercia,
      • (300) Ze sexta,
      • (303) Nona,
    • (335-355) Acht Cantica
    • (356-359) Pater noster, Credo, Te deum,
      • (359) Prima an den svnnvntage,
    • (360-364) Symbolum Athanasianum
    • (364-372) Litanei, p. 367 Sta. Osanna, Afra, Walpurga,
    • (372-386) erneuter Zyklus von Terz zu Komplet
    • (386-390) Teile von Offizien der Hll. Maria, Maria Magdalena, Katharina, Margareta, Petrus Ap.
  • 390-393 [Gebetsanweisungen, deutsch] Hie vahit an aller dinge ein hel. vnde ein selde. So dv in decheiner slachte angest. odir not sist. odir in toͮginen chvmber. des dv dich losin wilt oder dehein sele dines liebin frvndes. wilt losvn so soltv dise messe alsvs ordin …–… So dise messe alsvs gesvngin sit [sic]. in sweler arigist oder sweler not dv bist. vnde rvͦfestv vnsirn herrin ane so wirst irhorit. Qui vi.[vit] et r.[egnat].
  • Folgen (393-394) der Anfang des Johannes-Evangeliums und ein nach vier Zeilen abbrechender Text Natiuitas uia dei genitrix
  • Auf den papierenen pp. w-z Antiphonen und Orationen von einer Hand des 15./16.Jhs.;
    • p. w: Magne pater sancte dominice
Entstehung der Handschrift: Der Band stammt aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina auf dem Nollenberg bei Wuppenau (Thurgau), von den Nonnen Katharinenberg genannt, vormals St. Gallen, nachmals Wil. Besitzeintrag Spiegelblatt vorne: Diss buͦch gehört dem Gotzhuss S[anct] Catherinen berg, Hand des 16.Jhs.
Provenienz der Handschrift: Eine Herstellung zu St. Katharina St. Gallen ist wahrscheinlich, siehe dazu unten Miniaturen (bes. p. 217 und 221) und Allerheiligenlitanei.
Erwerb der Handschrift: In StiBSG seit 16. September 1930 als Depositum der bischöflichen Bibliothek.
Bibliographie:
  • Die Hs. aufgeführt bei Vogler, St. Katharina p. 238 Nr. 26.