Für diese Handschrift sind folgende Beschreibungen vorhanden

  • Lenz Philipp / Ortelli Stefania, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Gallen, Bd. 3: Abt.V: Codices 670-749: Iuridica; Kanonisches, römisches und germanisches Recht, Wiesbaden, 2014, S. 251-253.
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  • Scherrer Gustav, Verzeichniss der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen, Halle 1875, S. 236-238.
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St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 730
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Scherrer Gustav, Verzeichniss der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen, Halle 1875, S. 236-238.

Handschriftentitel: Edictum Rothari (Veterum Fragmentorum Tomus III)
Entstehungszeit: s. VII/VIII
Beschreibstoff: Pgm.
Umfang: 72 (vielmehr 74) Seiten und 6 lose eingelegte Blätter, von ungleichem Pergament.
Format: 4° min. (20 ½ x 14 cm.)
Zustand: Die st. gall. Bruchstücke S. 1-72 hat I. v. Arx mit Hauntinger in einzelnen oder Doppelblättern von den Innenseiten der Einbände Codd. 52, 111, 427, 454, 577, 579 und 854 abgelöst, wo auch überall, besonders in No. 111 sich noch Buchstabenabdrücke am Holzdeckel zeigen; die eingelegten losen Blätter wurden später aufgefunden. Erstere verglich schon a° 1823 K. Wegelin mit der Ausgabe von Georgisch für das Pertz'sche Archiv V p. 229; über letztere berichtete Gonzenbach in Reyscher's Zeitschr. f. deutsches Recht XVII Heft 2 (1857) p. 279-82.
Seiteneinrichtung: mit dem Griffellinirt, 20 Zeilen auf der Seite
Schrift und Hände: in kleiner römischer Uncial, mit Kapital vermischt; dunkelbraune Dinte.
Inhaltsangabe:
  • S. 1 Anfang der Hs. und des Edikts: Si quis hominum co[ntra] animam regis cogit[averit] …–… etc.; Ende S. 72 (74) im Titel 377 (371 Baudi): porcorum pigneratus vel reliquas quae similes sunt. Titel 372-388 (Baudi) fehlen, ebenso das Register und die Vorrede des Rothari; auch das Vorhandene ist inkomplet. Letzteres besteht aus 29 ganzen Blättern, 7 halben (unten oder an der Seite abgeschnitten) und 14 kleinern Bruchstücken. Weitere 10 Blätter derselben Hs. im Zürchercod. C. 389 nebst 3 später aufgefundenen Fragmenten; alles zusammen 59 verschiedene Blätter, wovon 45 in St. Gallen, 13 in Zürich und zwei Hälften eines Blatts an beiden Orten.
Entstehung der Handschrift:
  • Diese älteste aller Hss. der longobardischen Gesetze enthält nur das Edikt des Rothari v. J. 643 ohne die der Nachfolger Grimoald und Liutprand, welche in der zweitältesten von Vercelli, jetzt Turin, saec. VIII schon hinzugekommen sind: der st. gall. Codex kann daher nach Pertz bereits im 7ten Jh. geschrieben sein, was auch der Schriftcharakter zulässt. (Siehe das schöne Facsimile von Tit. 70-79 in Monum. Germ. Leges IV tab. 1.) Die Hs. stammt ohne Zweifel aus Italien her, wie manche andere der st. gallischen Bibliothek, und ist, da sie im Katalog des IX. Jh. fehlt, erst in späterer Zeit dahin gekommen. Der Schreiber lehnt sich zwar, wie Bluhme bemerkt, sorgfältig an die deutsche Schreibart an, setzt 'haldius' für aldius und vertauscht a und e, e und i, gibt sich aber zugleich durch die Verwechslung von o und u als Lombarden zu erkennen. Abkürzungen fehlen fast ganz, sogar die Zahlen im Text sind in Buchstaben ausgedrückt; nur die Titelnummern am Rande in römischer Ziffer. Je die erste und Zeile der Titel ist roth, die Anfangsbuchstaben bunt und aus Fischen komponirt, Rubriken nur am obern Rand, aber mehrentheils erloschen.
  • Erste Ausgabe des Edikts, jedoch nicht in genuiner Gestalt und mit den spätern Gesetzen, in Herold's Originum libri Basel 1557, dann bei Sigonius, Muratori, Georgisch, Canciani; nach der systematischen Ordnung der jüngern Hss. von N. Boherius Lugd. 1512. 8°; später 1613 von Goldast und Lindenbrog; aus den älstesten Hss. endlich und zwar aus der von Vercelli in: Monum. hist. patr. Turin Tom. IX (1855) Col. 1-80 ed. C. Baudi a Vesme; und aus der st. Galler in Monum. Germ. Leges IV (1868) p. 1-90 ed. F. Bluhme. Der Turiner Abdruck ist auch schon vorher 1841 bis 1846 in wenigen Separatexemplaren zur Vergleichung der Hss. publicirt; ebenso eine Schrift 'Dell edizione delle legge Longobard.' Torino 1847; wiederabgedruckt wurde Baudi's Ausgabe, aber in sehr unvollkommener Art, in: Edicta Reg. Longob. Ed. sec. ed. J. F. Neigebaur Monachii 1856. 8°. Bluhme hat seine eigene Edition noch verbessert in: Edictus ceteraque Longobardorum leges Hannover 1869. 8°; siehe auch Dessen Gratulationsschrift für Bethmann-Hollweg: Gens Longobardorum Bonn 1868. Die deutschen oder germanisirten Wörter des Edikts gibt Hattemer Denkm. I, p. 374-376 mit Verweisung auf die Kapitelzahlen bei Georgisch. Beschreibung der st. galler Hs. (neu verglichen von Bluhme 1862) und der Zürcher Fragmente (verglichen 1837 von Pertz, später von Th. Mommsen kopirt) in Leges IV, p. XII-XV; früher in Pertz Archiv IV, 369; V, 226, 229, 239; VII, 172. Ueber die Misshandlung des St. Gall. Codex durch die Reagentien des frühern Bibliothekar's A. Henne siehe das scharfe und gerechte Urtheil Bluhme's in Leges IV, p. XIII. Henne hat nicht etwa die wenigen von ihm gefundenen Fragmenta residua entstellt, sondern die Arx'schen Bruchstücke selbst, und zwar zur grössern Hälfte von S. 33-72; namentlich die Seite 47 ist fast gänzlich vernichtet. Copien seiner Entdeckungen, die er sorgfältig verbarg, bot dieser Bibliothekar sodann zum Verkaufe aus.
Provenienz der Handschrift: Dass die ursprüngliche Zerstücklung der Handschrift gegen das J. 1461 fällt, ist beinahe unzweifelhaft (vgl. die Anmm. zu Cod. 1399 und 1394). Alle oben aufgezählten Codices, aus denen die Blätter abgelöst sind, haben nämlich ein- und denselben (nicht den ersten) Einband, Holz mit Weiss- oder Gelbleder bedeckt und einen Pergamentstreifen darauf, wo der Inhalt mit den gleichen Worten, ja von der gleichen Hand wie im Katalog von 1461 bemerkt ist. Letzteres trifft wenigstens bei Cod. 52, 11, 427 und 579 zu, wie übrigens noch bei vielen andern NN. Damals nach den Bücherverlusten beim Konstanzer- und Baslerkoncil, kamen Hersfelder Visitatoren hieher, die u. A. strengere Inventarisirung und Verzeichnung der Manuscripte befahlen. Bei diesem Anlass erhielten die Bücher eine Signatur und wo es nöthig war, vermuthlich auch neuen Einband. Dass dies auf Kosten der ältesten Handschriften geschah, passte freilich schlecht zu den Visitationszwecken.