Für diese Handschrift sind folgende Beschreibungen vorhanden

  • Euw Anton von, Die St. Galler Buchkunst vom 8. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, Band I: Textband, St. Gallen 2008 (Monasterium Sancti Galli, Bd. 3), S. 425-431, Nr. 108.
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  • Scherrer Gustav, Verzeichniss der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen, Halle 1875, S. 23-25.
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St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 53
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Euw Anton von, Die St. Galler Buchkunst vom 8. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, Band I: Textband, St. Gallen 2008 (Monasterium Sancti Galli, Bd. 3), S. 425-431, Nr. 108.

Handschriftentitel: Evangelistar (Evangelium longum)
Entstehungsort: St. Gallen
Entstehungszeit: um 895
Alternative Bezeichnung: Evangelium longum
Katalognummer: 108
Umfang: 305 (308) pp. (154 Bll.)
Format: 39,5 x 23,2 cm
Lagenstruktur: Regelmäßige Quaternionen: A4 (fol. 1 beschnitten u. mit 2 auf den Vorderdeckel geklebt), fol. 3-4 = p. 1-4, 18-188, 198-1 (p. 293-305 + nicht gezählt 306-308); p. 305/306 u. 307/308 beschnitten u. auf den Rückdeckel geklebt.
Seiteneinrichtung: Schriftspiegel 27 x 16 cm, einspaltig zu 29 Zeilen.
Schrift und Hände: ausgeglichene karolingische Minuskel von einer Hand.
Buchschmuck: Die Schrifthierarchien sind den Festrängen angepasst u. wechseln daher. Kopfzeile mit Lektionsdatum bei hohen Festen mit Initiälchen, sonst in Capitalis, Uncialis u. Rustica mit Minium, golden schattiert; Evangeliensequenz nach dem Evangelisten in Rustica mit Minium; Praeambeln in Rustica mit golden schattierten Anfangsbuchstaben. Zu den hohen Festen große Initialen in Gold u. Minium, erste Zeile mit Initiälchen, nachfolgende Zeilen in Capitalis, Uncialis u. Rustica mit Minium, golden schattiert. Titel- u. Initialzierseiten mit Initialen in Gold, Silber u. Minium, Einsatz von Purpur. Sämtliche Satzanfänge haben golden schattierte Majuskeln.
Einband:
  • Vorderdeckel: Eichenholz (39,8 x 23,5 x 1,7 cm) mit Vertiefung für die Elfenbeintafel (32 x 15,5 x 0,9-1,2 cm), Rahmen getriebenes Goldblech, gemugelter Steinschmuck auf Arkaden- u. Ringfassungen, Filigran, Treibarbeit. Die Elfenbeintafel zeigt drei horizontale Felder im Verhältnis 1:2:1, oben u. unten querlaufende symmetrische Doppelranken, das Mittelfeld durch Schriftbalken mit der Inschrift HIC RESIDET XPC. VIRTV/TVM STEMMATE SEPTVS gerahmt. Im Zentrum der Diagonalen jugendlich-bartlos Christus auf dem hohen Thron, von der Mandorla umgeben, die Füße auf dem querliegenden Suppedaneum, in der erhobenen Rechten (!) das Buch, die Linke mit der offenen Handfläche auf gleicher Höhe, hinter dem Haupt durchgehend ein Schriftbalken mit den Buchstaben Alpha u. Omega, zu den Seiten der Mandorla je ein sechsflügeliger Cherubim mit Reihen von kreisrunden Augen auf den Flügeln; über der Mandorla gegenständig die Symbole von Johannes u. Matthäus, darunter die der Apostelschüler Markus u. Lukas; in den Ecken, der Mitte zugewandt, sitzend die Evangelisten in Gestalt auf gepolsterten Thronen schreibend, federspitzend u. nachdenkend, übereck gestellte Häuser u. Türme sowie Rundtürme als Erinnerungen an ihre Wirkensstätten begleiten sie; dazwischen unten personifiziert die irdischen Elemente Oceanus, auf dem Ketos lagernd u. auf die Amphore gestützt, aus der das Wasser fließt, rechts Tellus mater mit dem Füllhorn u. dem Kind an der Brust, zu den Füßen ein Pilzbaum, oben über den Symbolen gegenständig als Dreiviertelfiguren Sol mit erhobener Fackel, ebenso Luna, in der Linken einen Siegeskranz haltend. Profilierter Rahmen mit Wulst, Kehle, Wulst, Graben u. Wulst; im Graben zwölf Löcher zur Befestigung mit perlkranzgefassten Goldstiften, deren Köpfe versilbert sind.
  • Rückdeckel: Eichenholz (39,8 x 23,5 x 1,8 cm) mit Vertiefung für die Elfenbeintafel (32 x 15,4 x 1 cm), Rahmen getriebenes Goldblech mit Blattornamentfolgen, rahmende Perlschnüre, in den Ecken anstelle ursprünglicher Goldemails (?) unten Nielloplättchen der Evangelisten Lukas u. Markus (13. Jh.), die oben fehlen. Die Elfenbeintafel zeigt drei horizontale Felder im Verhältnis 1:1:1, oben eine querlaufende Doppelranke, in deren mittlerer Volute das Tierkampfmotiv mit dem die Hirschkuh schlagenden Panther zur Geltung kommt. Die Felder sind durch zwei Schriftbalken mit der Inschrift ASCENSIO SCE. MARIE und S. GALL(VS) PANE(M) PORRIGIT VRSO getrennt; oben die Himmelfahrt Mariens: die Jungfrau frontal stehend u. nimbiert als Orantin, gekleidet in einfußlanges Untergewand, die Dalmatika u. einen bis in Kniehöhe über den Rücken fallenden Matronenschleier; zu den Seiten dienen ihr mit wehenden Flügeln u. Diademen im Haar vier Engel. Darunter eine Begebenheit aus Kap. 11 der Vita s. Galli des Walahfrid Strabo (um 808-849) (Ed. Bruno Krusch MGH SS rer. Merov. 4, 292): In der Bildmitte ragt über dem Rücken des Bären ein Vortragekreuz auf, das Gallus zum Zeichen der Besitznahme des Ortes aufgepflanzt hatte. Der Gallus begleitende Diakon Hiltibod schläft und träumt auf der rechten Seite im Vordergrund. In der linken Szene begegnet Gallus im Wald einem Bären, den er Holz für das Feuer zu holen heisst. Der Bär gehorcht u. bringt in der linken Szene das Holz. Gallus, in Tunika u. anianische Kukulle mit übergezogener Kapuze gekleidet, trägt den Krummstab in der linken Hand und segnet den Bären. Zwischen Gallus u. Bär ein blühender Baum, in dem zwei Vögel sitzen. Auf dem Goldblechstreifen des vorderen längsseitigen Randes des Rückdeckels ist von oben nach unten von der Hand Tuotilos (um 850 - um 913) die Inschrift eingraviert: Ad ista(m) paratura(m) Amata dedit duodeci(m) denarios (vgl. Duft/Schnyder, S. 60f. mit Umzeichnung). Bei der Stifterin handelt es sich um die urkundlich 903 bezeugte Amata, die zusammen mit ihrem Gemahl Winihart nach dem Tod ihren Gutsbesitz in Lenggenwil dem Kloster stiftete (Borgolte, S. 592; Subsidia Sangallensia I, S. 445, W 729). Die Jahrringmessung der Eichenholzdeckel 1971/72 durch E. Holstein, Trier, ergab als Fälldatum des Baumes das Jahr 888 +/-6 (vgl. Duft/Schnyder, S. 80).
Inhaltsangabe:
Die in Klammern gesetzten Zahlen sind die fortlaufenden Nummern der Perikopen.
  • p. 1-5 ursprünglich leer
  • p. 3 neuzeitliche Beschreibung der Hs. durch P. Ildefons von Arx (1755-1833) mit Erwähnung der Stifterin Amata
  • p. 6-10 (Vorspann, nicht gezählt)
    • (p. 6) Titelseite mit ganzseitiger Initiale I(n exortu sanctae genitricis Dei Marie), Fuß, dreifacher symmetrischer Mittelknoten u. Krone, Körper vegetabil gefüllt, Beiwerk mit kleinen Drei- u. Herzblättern, winzigen Kügelchen in Dreiecksformation, Krone mit zwei Vogel-, Fuß mit zwei Hundsköpfen, die nachfolgenden Buchstaben alle als Initiälchen gestaltet, Zeichnung in Minium, Buchstabenkörper in Gold, teilweise pergamentausgespart, Beiwerk in Silber
    • (p. 7) Initialzierseite L(iber generationis), erste Zeile Initiälchen, die nachfolgenden in Minium, golden schattiert (Text endet nicht Mt 1,17, sondern 1,25), Initiale in Gold u. Minium, mit etwas Silber in den Knoten, Füllung des Buchstabenkörpers mit pergamentausgespartem Flechtwerk auf Purpurgrund, Mittelstrich des Flechtwerks in Minium, zwei Begleitstriche in Purpur, die Purpurfelder mit Minium-Punkten aufgehellt;
  • p. 10-33 (Weihnachtskreis 1-34) p. 10 Titelseite mit großer Initiale I(ncipiunt lectiones Evangeliorum per anni circulum legendae VIIII. KL. IAN. vigilia natalis Dni. Seq. sci. Evang. secundum Matheum), Füllung mit Akanthusrankenstab, die Buchstaben (I)NCIPI(VNT) der ersten Zeile Initiälchen, Fortsetzung in Capitalis u. Uncialis mit Minium, golden schattiert
    • (p. 11) (1) C(um esset desponsata), große Initiale mit Flechtbandfüllung wie p. 7, jedoch ohne Minium-Punkte, in der Mitte des Buchstabenkörpers eine sternförmige Rosette, die Enden entlassen ein dichtes Binnengerank, (C)VM ES(SET) Initiälchen,
    • (p. 14) (4) In nat. Dni. I(n principio erat verbum), ganzseitig, ohne Knoten, Füllung Blattkandelaber, nach unten auswachsend
    • (p. 15) (5) In nat. sci. Stephani D(icebat Ihs. turbis Iudeorum et principibus)
    • (p. 18) (8) Octava Dni. P(ostquam consumati sunt dies octo)
    • (p. 19) (9) Dom. I. p. oct. Dni. E(rat Ioseph et Maria)
    • (p. 20) (10) In vigilia Theophaniae. Evang. Defuncto Herode ecce angelus Dni. RQ. in natl. Innocentum,
    • (p. 20) (11) In Theophania C(um natus esset Ihs.), der unsymmetrische Mittelknoten entsteht durch das Teilen u. Lösen des äußeren Bandes,
    • (p. 23) (15) Dom. I. p. Theoph. I(n illo tempore Cum factus esset Ihs. annorum duodecim),
    • (p. 25) (18) In oct. Theoph. V(idit Iohannes Ihm. venientem)
    • (p. 26) (20) Dom. II. p. Theoph. N(uptiae factae)
    • (p. 32) (31) In Purificatione scae. Mariae P(ostquam impleti sunt dies) RQ. in octava Dni. Fest trotz Textverweis mit schöner Initiale ausgezeichnet, Blattschmuck mit Sporangien
    • (p. 33) (32) Dom. V. p. Theoph. R(espondens Ihs. dixit. Confitebor tibi Pater)
  • p. 34-88 (Vorfasten- u. Fastenzeit 35-80)
    • (p. 34) (35) In Septuagesima S(imile est regnum caelorum patri familias), einfacher vierzeiliger Buchstabenkörper mit symmetrischem Mittelknoten, Dreiblattenden, an feinen Stielen wachsenden, die Binnenräume füllenden Dreiblättern mit winzigen Sporangien
    • (p. 43) (46) Dom. in Quadragesima D(uctus est Ihs. in desertum), Achterschlaufe in der Mitte des Stammes, das dichte Binnenmotiv ist in die Schlaufe eingehängt
    • (p. 70) (67) Dom. III. in Quadragesima A(biit Ihs. trans mare Galileae), unziales a mit vegetabilen Enden, der linke Schenkel blattförmig durch das Oval im rechten Schenkel durchgezogen
    • (p. 81) (74) Dom. V. in Quadragesima D(icebat Ihs. turbis Iudaeorum […] quis ex vobis arguit)
  • p. 88-129 (Palmsonntag u. Karwoche mit Passionen 81-86)
    • (p. 88) (81) Dominica Indulgentiae Passio Dni. nri. Ihu. Xpi. sec. Matheum. S(citis quia post biduum Pascha)
  • p. 130-153 (Osterkreis, Himmelfahrt 87-115)
    • (p. 131) (87) Sabbato sci. Paschae V(espere sabbati quae lucescit), kapitale Initiale mit kräftiger Flechtbandfüllung auf Purpurgrund wie p. 11, Binnenmotiv Ranke mit Dreiblättern
    • (p. 131-132) (88) Dom. sci. Pasche. Seq. sci. ev. scdm. Marcum (erste Zeile Initiälchen)
      • p. 132 M(aria Magdalenae et Maria Iacobi), im linken Schrägstrich u. rechten Stamm des Buchstabenkörpers Mäanderfüllung, Binnenranke mit spitzen Enden

      • (p. 137) (93) (Dom. sci. Pasche) Fer. VI. U(ndecim discipuli abierunt in Galileam), geschwungener, zugespitzter Bogen mit getrepptem Schaft, feines Binnenmotiv mit Sporangien
      • (p. 138) (95) Dom. oct. Paschae C(um esset sero die)
      • (p. 141) (98) Dom. II. p. Pascha E(go sum pastor bonus)
      • (p. 145) (104) In Pascha annotino. RQ. in oct. Pent.
      • (p. 145) (105) Dom. IIII. p. Pascha U(ado ad eum qui me misit)
      • (p. 148) (108) Dom. V. p. Pascha A(men amen dico vobis si quid petieritis patrem)
      • (p. 148-149) (109) In Letania maiore
      • p. 149 Q(uis vestrum habebit amicum)

      • (p. 150-151) (111) In Ascensa Dni.
      • p. 151 R(ecumbentibus undecim), sechszeilige Initiale, in den von einer Schnalle zusammengehaltenen Bogen sind Ovale mit Vierpässen, vegetabil in die Binnenräume wachsende Enden

    • (p. 152) (113) Dom. p. Ascensam Dni. C(um venerit paraclitus), fünfzeilige Initiale, nach innen vegetabil wachsend, symmetrisch im Binnenraum zwei Dreiblätter u. Sporangien
  • p. 154-219 (Pfingsten u. Sonntage nach Pfingsten mit Wochentagen 116-200)
    • (p. 154) (116) In vig. Pent. S(idiligitis me mandata), Mittelrosette
    • (p. 154-155) (117) Dominica (Initiälchen) sca. Pentecostes
    • p. 155 S(i quis diligit me sermonem), achtzeilige Initiale mit Mittel- u. Endknoten, aus denen das Binnenmotiv wächst, nachfolgende Zeile (S)I QVIS Initiälchen

    • (p. 160) (124) Dom. oct. Pent. E(rat homo ex Phariseis Nicodemus)
    • (p. 163) (127) Dom. II. p. Pent. I(n illo tempore. Homo quidam erat dives), etwa halbseitige Initiale mit symmetrisch nach oben u. unten geflochtenem Mittelknoten, Blattenden
    • (p. 183) (152) Dom. X. p. Pent. h(omo quidam […] habebat vilicum) stark in die Höhe gezogener Schaft des unzialen h, oben Einrollung mit Hundskopf (zwei «Hörner»), Dreiblattenden
    • (p. 187) (158) Dom. XII. p. Pent. D(ixit Ihs. ad quosdam qui in se confidebant) kapitales D mit doppelter Kreuzung u. Beringung der Bänder im Stamm, im Bogen Mittelknoten durch Lösen des inneren Bandes, oben in die Bänderung beißender Vogelkopf
    • (p. 191) (164) Dom. XIIII. p. Pentec. b(eati oculi qui vident), unziales, offenes b mit symmetrischen Mittelknoten, oben Hundskopf mit Blattwedeln als Ohren, aus dem Mund wächst eine den Stamm durchziehende Ranke, geflochtenes Binnenmotiv mit Fünfblattende
    • (p. 199) (174) (Dom. XVII. p. Pent.) Fer. IIII. A(ccedens ad. Ihm. quidam ait illi magister bone quid bonifaciam), kapitales A ohne Querstrich, zwei gegenständige, oben von einer Schnalle zusammengehaltene, nach innen gefiederte Blätter, über dem Textspiegel als «Seitentitel» in Gold AMATA (danach die pp. 200-233 ebenso mit einem goldenen A versehen)
    • (p. 200) (176) Dom. XVIII. p. Pent. C(um intrasset Ihs. in domum cuiusdam principis Pharisaeorum)
    • (p. 201) (177) Fer. VI. R(ogabat Ihm. quidam)
    • (p. 206) (183) Dom. XX. p. Pent. A(scendens Ihs. in naviculam), große unziale Initiale, gebildet aus einem goldenen Reiher mit hochgeworfenem Kopf u. einer silbernen Schlange, die ihm auf dem Rücken in den Flügelansatz beißt, aus dem Schwanzgefieder wächst als Zweig, auf dem der Reiher steht, eine Blattranke empor
    • (p. 217) (198) Dom. XXV. p. Pent. L(oquente Ihu. ad turbas ecce princeps unus), schlanke geschwungene und zugespitzte Initiale, aus dem Eckknoten wächst unsymmetrisch das Binnenmotiv, oben Ende mit Hundskopf
  • p. 219-231 (Adventszeit 201-217)
    • (p. 219) (201) Dom. V. ante nat. Dni. C(um sublevasset occulos Ihs.)
    • (p. 230) (216) Dom. I. ante nat. Dni. M(iserunt Iudaei ab Hierosolimis sacerdotes et levitas)
  • p. 231-233 (Wochentagsvotivmessen 218-224)
    • (p. 231) (218) Die Dom. de sca. Trinitate. Cum venerit paraclitus quem ego. RQ. die Dominica post ascensam Dni.
    • (p. 233) (223) Fer. VI. De cruce. I(n illo temp […] Ego si exaltatus fuero), Buchstabenkörper als Säule, an Basis u. Kapitell umgewandelt zum Gefäß, aus dem Vegetation sprießt
    • (p. 233) (224) Sabbato de sca. Maria E(xtollens vocem quaedam mulier), in allen Teilen vegetabil
  • p. 234-257 (Proprium de sanctis 225-323, für viele Heilige wird auf das Commune sanctorum verwiesen, besondere Feste erhalten den ausgeschriebenen Text mit Initialen)
    • (p. 234) (225) Titelzierseite Incipiunt (Initiälchen) lectiones evangeliorum de singulis festivitatibus scorum. (Capitalis) III. Kl. Dec. Vigilia sci. Andreae. S(tabat Iohannes et ex discipulis eius duo), große Initiale mit Enden als Flechtbandknoten, aus denen die Binnenmotive auch in das Mitteloval hineinwachsen, Flechtbandfüllung im Buchstabenkörper nur in Miniumzeichnung (S)TABAT als Initiälchen
    • (p. 236) (226) In natl. sci. Andreae A(mbulans Ihs. secus mare Galileae vidit duos), großes unziales a mit Vogelkopf, aus dessen Schnabel ein sich weit verzweigendes Binnenmotiv wächst
    • (p. 236) ohne Tierkopf
    • (p. 240) (252) (Nerei et Achillei) Item aliud Ev. A(ccesserunt ad. Ihm. Pharisaei temptantes), Variante zu
    • (p. 241) (257) Vig. sci. Iohannis F(uit in diebus Herodis), große Initiale mit eng geflochtenem Binnenmotiv
    • (p. 242) (258) In natl. sci. Iohannis E(lisabeth impletum est), große Initiale mit starkem Mittelknoten, dem der Querbalken u. die symmetrischen Binnenmotive entwachsen
    • (p. 254) (303) III. Kl. Oct. Dedicatio ecclesiae archangeli Michahelis A(ccesserunt discipuli ad Ihm. dicentes quis putas maior), kapitales A aus zwei oben von einer Schnalle zusammengehaltenen, nach innen gefiederten Blattwedeln
    • (p. 255) (306) Id. Oct. Vigilia sci. Galli. Evangel. Vigilate et orate. RQ. de adventu Dni.
    • (p. 255) (307) In natal. sci. Galli Ev. Ecce nos relinquimus omnia. RQ. in natl. sci. Pauli
    • (p. 255) (308) Unde supra. Ev. Si quis venit ad me. RQ. in natl. unius confessoris
    • (p. 255) (309) Item aliud Ev. Nolite arbitrari. RQ. in natl. unius confessoris sive martyris
    • (p. 257) (323) III. Kl. Dec. N. s. Saturnini. Ev. Videte ne quis vos seducat. RQ. in natl. plu. martyrum
  • p. 257-278 (Commune sanctorum 324-354)
    • (p. 257) (324) In vig. apostolorum E(go sum vitis vera et pater meus agricola) feierlicher Titel in Capitalis u. große, runde Initiale, (E)GO als Initiälchen, das Binnenmotiv der Initiale nicht aus dem Buchstabenkörper wachsend, sondern als in sich selbst endende Ranke in das innere Band eingehängt
    • (p. 259-260) (327) in vig. unius sacerdotis
      • p. 260 U(igilate quia nescitis hora), Bogen nach innen gefiedert, Herzblätter u. Sporangien, im Schaft Vierpass u. Rauten

      • (p. 269) (341) (In nat. unius conf. Perikope IV) Q(ui vos audit me audit), fast kreisförmiger Buchstabenkörper mit symmetrischem Binnenmotiv, durch das zentral ein Kreuz durchgezogen ist
      • (p. 271-272) (345) In nat. plurimor. martyrum
    • p. 272 E(cce ego mitto vos sicut oves), runder Buchstabenkörper, aus dessen Mitte mit zwei sich verzweigenden Bändern der Querbalken wächst, an allen drei Enden Flechtbandknoten

  • p. 278-280 (Kirchweihe 355-357)
    • (p. 278) (355) In dedicatione ecclesiae N(on est enim arbor bona)
    • (p. 279) In dedicatione oratorii I(n illo temp. Ingressus Ihs. perambulabat Hiericho)
  • p. 280-287 (Votivmessen 358-372)
    • (p. 280) (358) De quacumque tribulatione P(etite et dabitur vobis), im Stamm u. Bogen einfacher unsymmetrischer Pseudo-Knoten durch Lösen des inneren Bandes u. Zusammenführen zu einem Dreiblatt
    • (p. 281) (Perikope II) I(n illo temp. [H]abete fidem. Amen dico vobis quicumque dixerit huic monti tollere), geschwungene, ganz vegetabile Initiale mit Dreiblattenden u. einer Sporangie, das H des Habete war für eine Majuskel ausgespart hätte aber auf der Doppelseite 280-281 ein Ungleichgewicht verursacht (daher wurde es wohl nicht ausgeführt)
    • (p. 286) (371) Pro inundatione pluviae. F(actum est in una dierum et Ihs. ascendit in naviculam), elegant geschwungene, vegetabile Querbalken
  • p. 288-290 (Totenmessen 273-376)
    • (p. 288) (273) In vigiliis defunctorum. O(mne quod dat mihi pater ad me veniet), kleine Initiale mit vegetabilem Binnenmotiv
  • p. 290-291 (377) Nachtrag: IIII. Kl. Sep. Passio Iohannis Baptistae

    p. 290 M(isit Herodes ac tenuit)

    • (p. 290) am unteren Rand in feiner Minuskel die Namen: Scarzinin, Gozelin, Penno, Hartman, Pafinin, Adilpurh., Alberih, Werinhere, Perhtgebo (???) (wohl zeitgenössisch)
  • p. 293-296 Abschriften zweier Bullen des Papstes Julius II. (1503-1513) von 1505 u. 1506 für St. Gallen mit dem Visum des Caspar Frey notarius, aus Baden;
  • p. 297-306 leer
    • (vor p. 306) ein Protokoll von Ernest T. De Wald vom 15. Juni 1931 von der Untersuchung des Einbandes.
Entstehung der Handschrift:
  • Die Handschrift ist liturgiegeschichtlich eine besondere Leistung, da sie das Kirchenjahr nicht nur nach Sonn- u. Feiertagen (vgl. Nr. 35, 108), sondern insgesamt erfasst. Im Gegensatz zu den älteren Werken sind hier das Proprium de tempore u. das Proprium de sanctis voneinander getrennt, wobei in letzterem viele Perikopen mit Verweisen auf andere Stellen, besonders auf das Commune abgekürzt erscheinen. Zählte das von Godescalc 781-783 für Karl den Großen (768-814) geschriebene Evangelistar (Paris, BNF, nouv.acq.lat.1203) 252 Perikopen, sind sie in Sang. 53 auf 376 erhöht. Das Proprium de sanctis (von Andreas - Saturninus) bleibt auf das römische Martyrologium beschränkt, allein das Gallusfest (306-309) ist als Lokalfest in das Proprium aufgenommen.
  • Die Würdigung dieser Hs. durch Ekkehart IV. (um 980 - um 1060) im 22. Kapitel der Casus sancti Galli entging seit Scherrer (S. 23f.) keinem der vielen Bewunderer u. Forscher. Er nennt Sintram (nachweisbar 885 als Subdiakon, 895 als Diakon; vgl. Subsidia Sangallensia I, S. 433, W 646, S. 440, W 697) als vielgerühmten Schreiber u. bemerkt, dass der Auftraggeber der Hs., Abt-Bischof Salomo III. (890-920), die Initialen L(iber generationis) p. 7 u. C(um esset desponsata) p. 11 eigenhändig gemalt habe. Ekkehart erzählt weiter, dass der Freund Salomos III., Erzbischof Hatto von Mainz (Hatto III. Abt von Reichenau 888-913), Salomo III. seine Schätze anvertraut habe, unter denen sich zwei Elfenbeintafeln (= Elfenbeindiptychen) aus dem Nachlass Karls des Großen (768-814) befunden hätten, von denen er die eine unbeschnitzte zum Beschnitzen dem Tuotilo (um 850 - um 913) gegeben habe. «Dazu hieß er dann unseren Sintram ein Evangelium im entsprechenden Längen- und Breitenmaß schreiben, um schließlich den mit seinen Tafeln prunkenden Band mit Hattos Gold u. Edelsteinen zu schmücken» (Ekkehart IV., Casus sancti Galli, Ed. Hans F. Haefele, cap. 22, S. 56-59; Duft/Schnyder, Elfenbein-Einbände, S. 19-22). Duft/Schnyder führten schließlich diese Fakten u. Daten mit der Stifterin AMATA, die nicht nur für den Einband zwölf Denare, sondern wahrscheinlich auch das Gold für die Goldtinte der Seiten 199-234 stiftete, zusammen u. kamen zum Schluss, dass die Entstehung der Hs. um 895 anzusetzen sei. Die aus der Erzählung Ekkeharts IV. abstrahierten u. die technischen (dendrochronologischen) Fakten u. Daten um 895 stimmen auch entwicklungsgeschichtlich mit der St. Galler Buchmalerei überein, so dass wir mit Chroust als Schreiber des Evangelium longum Sintram in Anspruch nehmen dürfen. Seine schöne, im Gegensatz zur Folchart-Nachfolge fast aufrecht stehende u. uniform werdende Schrift sowie vor allem das Repertoire seiner Initialornamentik schließen an die «barocke Phase» der Folchart-Nachfolge in Morgan 91 (Nr. 100) an. Sintram kennt auch das gesamte Formenrepertoire von Wolfcoz (Nr. 35) über die Homiliare der Grimald-Zeit (841-872) (Nr. 75-79) und der großen Hartmut-Bibel (Nr. 89-94). Er bindet die verschiedenen künstlerischen Temperamente in sein ausgeglichenes Schriftbild ein u. versteht es, einzelne Formen zu regulieren. In der Knotung u. Binnenmotivbildung findet er neue Lösungen. Wesentlich ist seine Neigung zum feinen Beiwerk der Initiälchen u. Initialen in Form von Dreiblättern, Herzblättern, Dolden u. Sporangien in Gold an hauchdünnen Stielen. Seine Detailkenntnisse verrät er etwa im auf Purpurgrund gelegten, pergamentausgesparten, mit Minium u. Purpurstrichen durchzogenem Flechtband am L(iber generationis) p. 7 u. C(um esset) p. 11, die Ekkehart IV. wohl eher im Sinne einer Ruhmesfloskel der Hand Salomos III. zuschreibt; technisch u. künstlerisch keineswegs von den übrigen Initialen abweichend, sondern nur besonders ausgezeichnet, dürften auch sie von Sintram sein. Bisweilen wie beim V(espere) p. 131 u. M(aria Magdalena) p. 132 sehe ich Ähnlichkeiten zu Initialen im Gundis-Codex (Nr. 108). Daraus zitiert Sintram das Säulenmotiv des I(ntravit) p. 110 u. variiert es im Sang. 53 am I(n illo) p. 233. Das am P(usillus) p. 335 Ps 151 im Folchart-Psalter (Nr. 97) auffallende, in Morgan 91 am b(eatus) fol. 59r (Nr. 100) wiederkehrende Schlangenmotiv wandelt er im A(scendens) p. 206 zum mythischen Kampf des Vogels mit der Schlange ab, den seine Nachfolger noch im 11. Jahrhundert zu zitieren wissen. Schrift- u. Initialstil können daher durchaus von der Hand jenes Sindram Diaconus sein, der am 30. März 895 als Zeuge in St. Gallen eine Urkunde unterschrieb u. der 885 als Subdiakon das Schreiben schon exzellent beherrschte (vgl. die Urkunde Nr. 646, abgebildet bei Chroust, Taf. XV 3 b u. verglichen mit p. 191 in Sang. 53, Taf. XVI, 2). Sintram könnte 895 im Alter von 30-40 Jahren gewesen sein.
Bibliographie:
    Lit. Einband:
    • Adolph Goldschmidt, Die Elfenbeinskulpturen aus der Zeit der karolingischen und sächsischen Kaiser, VIII.-XI. Jahrhundert, Bd. I, Berlin 1914, S. 60f., 80f. Nr. 163 a, b.
    • Ernest T. De Wald, Notes on the Tuotilo Ivories in St. Gall, in: The Art Bulletin 15, 1933, S. 202-209.
    • Frauke Steenbock, Der kirchliche Prachteinband im frühen Mittelalter von den Anfängen bis zum Beginn der Gotik, Berlin 1965, Nr. 23.
    • Marguerite Menz-von der Mühll, Die St. Galler Elfenbeine um 900, in: Frühmittelalterliche Studien 15, 1981, S. 392-418.
    • Duft/Schnyder, Elfenbein-Einbände, S. 62-75, Lit. S. 158.
    • von Euw, in: Kloster St. Gallen, S. 181-184.
    Lit. Handschrift:
    • Scherrer, S. 23-25.
    • Chroust, I. Abt., II. Bd., Liefg. XIV, Taf. 1-2.
    • Merton, S. 49-51, Taf. XLI.
    • Landsberger, Folchart-Psalter, S. 20, 22f., 25, 27, 32, Abb. 16 a, 18 b u. c, 23 a.
    • Bruckner III, S. 44f., 61, Taf. XXIII, XXIV, LIII.
    • Knoepfli, Kunstgeschichte I, S. 31f., 346, 35, 361.
    • Daniel, Freising, S. 21.
    • Beer, Prudentius-Codex 264, S. 37.
    • Duft/Schnyder, Elfenbein-Einbände, S. 55-62
    • Michael Borgolte, Gedenkstiftungen in St. Galler Urkunden, in: Memoria. Der geschichtliche Zeugniswert des liturgischen Gedenkens im Mittelalter, hrsg. von Karl Schmid und Joachim Wollasch, München 1984, S. 592f.
    • Eggenberger, Psalterium aureum, S. 14, 24, 179, 185, Abb. 192f., 202.
    • Berschin, Sanktgallische Schriftkultur, S. 74f., mit Abb.
    • Duft, Abtei St. Gallen II, S. 229-231, Abb. 1-3.
    • Peter Ochsenbein, Karl Schmuki, Cornel Dora, Vom Schreiben im Galluskloster. Handschriften aus dem Kloster St. Gallen vom 8.-18. Jahrhundert (Ausstellungskatalog 1993/94), St. Gallen 1994, S. 80-88.
    • Schmuki, in: Cimelia Sangallensia, Nr. 42.
    • von Euw, Wer war Sintram?, S. 423-431.
    • Schaab, Mönch in St. Gallen, S. 93, 182.
    • Berschin, Eremus und Insula (2005), S. 56, 100, 167.