Kurzcharakterisierung:Zur Zeit der Niederschrift des Werks Die 24 Alten, das um 1386 vollendet wurde, war der Franziskaner Otto von Passau Mitglied des Basler Minoritenklosters. Die Schrift, eine Art christliche Lebenslehre, fand als Text für die Tischlesung grosse Verbreitung in Frauenklöstern. Diese Handschrift wurde im Jahr 1464 von einer swester Endlin, wahrscheinlich im Franziskanerinnenkloster zu St. Leonhard in St. Gallen geschrieben.(ber)
Zusätzliche Beschreibung: Scherrer Gustav, Verzeichniss der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen, Halle 1875, S. 372.
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Zusätzliche Beschreibung: Katalog der datierten Handschriften in der Schweiz in lateinischer Schrift vom Anfang des Mittelalters bis 1550, Bd. III: Die Handschriften der Bibliotheken St. Gallen-Zürich, bearbeitet von Beat Matthias von Scarpatetti, Rudolf Gamper und Marlis Stähli, Dietikon-Zürich 1991, Nr. 245, S. 85.
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Online seit: 04.11.2010
St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 983
Papier · 367 pp. · 32 x 22.7 cm · St. Gallen, St. Leonhard (?) · 1464
Otto von Passau, Die 24 Alten
Wie zitieren:
St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 983, p. 100 – Otto von Passau, Die 24 Alten (https://www.e-codices.ch/de/list/one/csg/0983)
Umfang:
367 (die Paginierung springt von 343 zu 345).
Format: 320 x 227
Seitennummerierung: 1-367 Tintenpaginierung von Ildefons von Arx (springt von 343/ 345).
Lagenstruktur:
1 IV10 + 10 VI250 + 1V270 + (VI-1)294 + 3 VI367.
Zwischen p. 288 und 289 fehlendes Blatt mit Textverlust (Textlücke Druck 1836: S. 401, 27-417,
29).
Alle Lagen mit beschrifteten Pergamentfalzen (nach Wieland Schmidt handelt
es sich um eine
lückenhafte deutsche Privaturkunde vom 18. Nov. 1409 aus St. Gallen, in der Katharina, Heinrich
Husammans eheliche Wirtin, mit Einwilligung ihrer Geschwister Ulrich, Heinrich, Konrad, Rudolf,
Walter, Jakob, Heinrich, Anna, Elsbeth den aus dem Besitz ihres Vaters Ulrich Appenzeller ab dem
Berg erhaltenen Erbteil an Hermann Keller, Ulrich Kellers selig ehelichen Sohn, verkauft);
Wortreklamanten von der Texthand, teilweise weggeschnitten.
Seiteneinrichtung:
Schriftraum mit brauner Tinte (Lagen 1-4) und Blindlinien
auf der Rectoseite; zweispaltig (77/71), 33/36 Zeilen.
Schriftraum 210/220 x 155/160;
Schrift und Hände:
Regelmässige, kalligraphisch wirkende Bastarda von der Hand der Schwester Endlin,
Kolophon S. 6:Dis buch ist der swostren zu sand linhart und ist geschriben, volendet am mitwoch vor dem buertlichen tag unser lieben frowen jny dem lxiiii jar. – bit got fur swester endlin. (= 4. September 1464).
Rubriken, Kolophon, Nomina sacra und einige Heiligennamen in Textualis.
Buchschmuck: Rubriziert, Überschriften in rot; rote Unterstreichungen. S. 166 eine rote
Lombarde in Form eines Fisches.
Spätere Ergänzungen: Am Rand einzelne zeitgenössische Korrekturen.
Einband:
Zeitgenössischer Einband:
rotes Leder auf Holz, Eckbeschläge aus Messing (einer im Hinterdeckel verloren), Spuren eines Mittelbeschlags auf beiden Seiten. Spuren von zwei Schliessen, von denen nur im Hinterdeckel die Befestigung in Form einer Rosette aus Messing erhalten ist. In der Mitte ein, sehr wahrscheinlich erst später eingefügtes Schliessband. Auf dem Rücken Schildchen mit […] Leonhart. Darüber Papier-Schildchen mit dem Titel Liber Spiritualis. und Papier-Etikette mit Signatur 983.
(S. 3a-6b)
(Register):
Das ain ieklicher dester baelder mug zvissen von was …–…
des helff uns got der vater und der sun und der haillig gaist amen.Dis buch ist der swostren zu sand linhart und ist geschriben volendet am mitwoch vor
dem buertlichen tag unser lieben frowen. Jny dem LXIIII jar. Bit got fur swester endlin
(S. 13a-15b)
(Vorrede Vision des Johannes):
Sanctus johannes ewangeliste sach in der toegen bůch in dem hymel sitzent
(S. 15b-366a)
(Rede des ersten Alten):
>Der erst alte der wisset dich mijnende sel von wanen du eumer figest und ist dises der erste alte.<Der erste alte wisset dich in mede selle uff dich selber …–…
der guldin thron werd in der hochsten wonnung. Amen. >Hie hat das bůch am end das da haist das bůch der vierundzwamzig alten. Got wolle uns alle im siner genaden behalten amen.<
Zu Otto von Passau VL2 7 (1989), col. 229-234 (André Schnyder) .
Entstehung der Handschrift:
Die Handschrift ist nach dem Schreibervermerk S. 6 (Dis buch ist der
swostren zu sand linhart und ist geschriben volendet am mitwoch vor dem buertlichen tag unser lieben
frowen. Jny dem LXIIII jar. Bit got fur swester endlin) von
einer Schwester Endlin, über die wir keine weiteren Nachrichten besitzen, wahrscheinlich im Kloster St. Leonhard in
St. Gallen geschrieben worden. Die Abschrift wurde am Mittwoch, den 4. September 1464 vollendet.
Provenienz der Handschrift:
die Handschrift gehörte zur Beginengemeinschaft der Unteren Klause St. Leonhard in St. Gallen, s. S. 2 (rot): Dyss buech ist der swestern zue sant linhart vor der stat sant gallen. Die Untere Klause bei St. Leonhard ist im Jahr 1425 oder 1426 am Fusse des kleinen Hügels westlich der Stadt St. Gallen gegründet worden, auf dem seit dem 12. Jahrhundert die Kirche St. Leonhard und seit 1318 eine Klause nachweisbar sind. Die Schwestern gehörten zum dritten Orden der Franziskaner. Als das Kloster in 16. Jh. aufgelöst wurde gingen einige Handschriften der Klosterbibliothek ans Schwesternhaus von St. Georgen und von dort in die Stiftsbibliothek, andere an die Kantonsbibliothek Vadiana in St. Gallen. cf. Lehner S. 200-202,
Giangrosso S. XVII,
Bress-Grabher S. 611 und
Flury S. 105-106.
Bibliographie:
Gustav Scherrer, Verzeichniss der Handschriften der Stiftsbibliothek von St.
Gallen, Halle 1875 (Nachdruck Hildesheim/New York 1975), S. 372
Wieland Schmidt, Die vierundzwanzig Alten Ottos von Passau (Palaestra 212),
Leipzig 1938 (Nachdruck New York 1967), S. 63f. (Nr. 18) ;
Maria W. Lehner, Die Schwestern zu St. Lienhart vor der Stadt St. Gallen
(1318-1566), in Zeitschrift für schweizerische Kirchengeschichte, 55 (1961), S. 191-221, 275-287: 202;
Werner Besch, Sprachlandschaften und Sprachausgleich im 15. Jahrhundert. Studien
zur Erforschung der spätmittelhochdeutschen Schreibdialekte und zur Entstehung der neuhochdeutschen
Schriftsprache (Bibliotheca Germanica 11), München 1967, S. 27f. (Nr. 18);
Patricia A. Giangrosso, Four Franciscan saints’lives: German texts from Codex
Sangallensis 589, Stuttgart 1987 (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik), S. XVII;
Katalog der datierten Handschriften in der Schweiz in lateinischer Schrift vom Anfang des Mittelalters bis
1550, Dietikon-Zürich, 1991, III, S. 85 Nr. 235;
Magdalen Bless-Grabher, Untere Klause bei St. Leonhard, in Helvetia sacra, Abt.
IX, Bd. 2: Die Beginen und Begarden in der Schweiz, Bern 1995, S. 606-619;
Theres Flury, Handschriften aus St. Galler Frauenklöstern, in Frauen im
Galluskloster, Katalog zur Ausstellung in der Stiftsbibliothek St. Gallen (20. März – 12. November 2006), St.
Gallen 2006, S. 104-105.