Kurzcharakterisierung:Der Vocabularius sancti Galli – Wörterbuch eines Missionars in althochdeutscher Sprache, geschrieben 150 Jahre nach dem Tod des heiligen Gallus. Kleinformatige Sammelhandschrift als eine Art von Diarium eines in angelsächsischer Tradition gebildeten Schreiber, mit Texten zu Missionsfragen, theologischen Lesefrüchten sowie das Schulwissen betreffend, geschrieben um 790 in Deutschland. Am Ende des Bandes ein nach Sachgruppen gegliedertes lateinisch-althochdeutsches Wörterbuch, der in der St. Galler Tradition so genannte Vocabularius sancti Galli.(smu)
Standardbeschreibung: Scherrer Gustav, Verzeichniss der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen, Halle 1875, S. 331-333.
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Online seit: 12.12.2006
St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 913
Pergament · 206 pp. · 8.5 x 8.5 cm · Deutschland · um 790
Vocabularius S. Galli
Wie zitieren:
St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 913, p. 204 – Vocabularius S. Galli (https://www.e-codices.ch/de/list/one/csg/0913)
Gesponsert von: Freundeskreis der Stiftsbibliothek St. Gallen
Online seit: 12.12.2006
St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 913
Scherrer Gustav, Verzeichniss der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen, Halle 1875, S. 331-333.
Handschriftentitel: Vocabularius S. Galli
Entstehungszeit: s. VII/VIII
Beschreibstoff: Pgm.
Umfang:
206 Seiten
Format: 16° (c. 8 ½ C. hoch und ebenso breit, mit einzelnen noch kleinern Blättern)
Lagenstruktur: Der ganze Codicillus besteht aus 13 Lagen zu 8 Blättern, die erste mit einem Blättchen mehr, das als Decke vorgeheftet ist; die letzte hat nur 5 Blätter.
Zustand:
Das dicke starre Pergament ist Ausschuss, wie gewöhnlich bei solchen kleinen Büchern zum Privatgebrauch, mit Löchern und fehlenden Ecken, an einigen Stellen fliessend, so dass sie unbeschrieben bleiben musste, gebräunt durch Schmutz oder Alter.
Seiteneinrichtung:
zu 10-11 Zeilen.
Schrift und Hände:
Die Schrift, eine deutliche irische Cursiv mit einzelnen Uncialen (R, S), hat ein besonderes klein e, das in der Form der Ziffer 6 vor m und n höher über der Zeile ragt als alle Consonanten, und ein kleines d in der Form von cl.
Sehr unvollkommen ist die Worttrennung z. B. cu marte statt cum arte u. dgl. Facsimile's bei Keller in Zürch. Ant. Mitth. VII Tab. XI No. 11 und Hattemer I Taf. II unten aus S. 139 der Handschrift.
S. 5
(ohne Ueberschrift):
Frater Ambrosius tu muscula [i. e. tua munuscula] perferens detullit …–…
esse moriturum Finit
(Hieronymi Epistola ad Paulinum No. 50 Opp. I, 268 Vallarsi).
2.
S. 71Susciperat pacem mons iste …
(vom Wesen Gottes).
S. 80Item qr. [quaeritur] q[id] sit matiria
(Naturphilosophie).
S. 89Te canit adcelebratque …–…
axem
(zwei Hexameter, die alle Buchstaben des Alphabets enthalten).
S. 90Interrogatio sci Agustini quaestionibus: voluntate pater genuit filium an necessitate …
S. 93Incipit epistola Hieronimi de gradu Romanorum. Decanus sub quo X homines fiunt …
S. 131Ab hora nona usque ad solis occasum …
(Tageseintheilung).
S. 132Aleph doctrina …
(Erklärung der hebräischen Buchstabennamen).
S. 139Cherogillus animal …
(Erklärung von Thiernamen aus Leviticus XI, mit deutschen Glossen, wie raredumlae (Rohrdommel), greshuppae (Heuschreck), adexan (Eidechsen) und der Angabe, welche Thiere auch in Britannia oder apud nos (bei uns Irländern) vorkommen).
S. 148
ist zur Hälfte unbeschrieben. Die einzelnen Stücke dieser kleinen theologischen Encyklopädie folgen sich zum Theil ohne Absatz oder grössere Anfangsbuchstaben.
Textgeschichte: Der Auszug p. 105 aus Isidor († 636) beweist, dass das Büchlein nicht dem h. Gallus gehört haben kann, der ein Zeitgenoss Isidor's und vielleicht schon vor diesem gestorben war. Der S. 118 erwähnte Paschastreit, der bis a° 718 währte, wird zwar als noch fortdauernd bezeichnet, dies kann jedoch aus einer andern ältern Hs. kopirt sein. Den Abschnitt über die Thiernamen im Leviticus siehe bei Hattemer im I. Bde.
3.
S. 149-180Quod tempore adnuntiavit Gabrihel archangelus sctae Mariae adventum Christi ? …
Eine Frage aus der Profangeschichte ist S. 158Quis aedificavit Romam ? Ebendaselbst: Quis primus papa in Rome ? scs Petrus (siehe Greith altir. K. S. 430).
Diese Abtheilung beginnt mit einem grossen schwarzen Anfangsbuchstaben (Q) in wunderlicher Gestalt, dem einzigen im ganzen Codex, ausser dem auf der ersten Seite. Es ist ein Fragebüchlein nach Art der Joca monachorum in Cod. 908; vgl. Müllenhoff und Scherer Denkm. p. 342.
4.
S. 181-206Vocabularius S. GalliSurculus zui Folia laup …
Die Seiten 202-205 sind theilweise erloschen, die 206te oder letzte Seite so gut wie ganz unlesbar. Die Wörter sind je in zwei Paaren neben einander gesetzt, mithin vierspaltig geschrieben, wobei die Columnen durch keineswegs gerade Linien abgetheilt sind.
S. 201-204
hat wegen der schmälern Blättchen nur zwei Spalten.
Das Vocabular ist ein nach Materien geordnetes, nicht alphabetisches Sachwörterbuch, lateinisch-deutsch, also zum Gebrauch bei der Gründung klösterlicher Niederlassungen der Irländer unter Deutschen. Abdrücke bei Lachmann Specimen ling. franc. (1825) p. 1; Greith Spicilegium (1838) p. 34; Hattemer Denkm. I p. 5-14; dazu Berichtigungen von E. Sievers in Haupt's Zeitschr. 1870. XV p. 119.