St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 1869
Mengis Simone, Schreibende Frauen um 1500. Scriptorium und Bibliothek des Dominikanerinnenklosters St. Katharina St. Gallen (Scrinium Friburgense 28), Berlin 2013, S. 355-357.
Titre du manuscrit: Predigten und geistliche Unterweisungen
Période: 15./2 Jh.
Support: Papier. WZ: Kleiner Ochsenkopf mit Augen und Nüstern, mit Stange und Z, p. 36 mit Bleistift nachgezeichnet, sehr ähnlich, ev. identisch mit Briquet, Filigranes IV (1907), Nr. 15193 (St. Gallen, um 1487, sowie Zentral- und Ostschweiz), auch Varianten dieses Zeichens schweizweit, frühester Beleg Chur 1473-1483; sehr ähnliches Wasserzeichen wie Cod. sang. 1066 (ebd., Nr. 15192, Zürich, 1473-1499; Konstanz, 1473), sowie in der Chronik (siehe dort).
Volume:
532 paginae
Format: 15 x 10,5
Numérotation des pages: Ergänzungen zu Scarpatetti, Supplement-Kat. (1983), S. 122-125: Paginierung des 20. Jhs.
Composition des cahiers: Sexternionen, ausser VIII97-128, V201-220, (IV-I)413-426, erstes Blatt der Lage vor 413 herausgeschnitten, VII475-530. Lagennummerierungen j-xxij und regelmässige (teils ausführliche) Wortreklamanten (jeweils bereits auf dem vorletzten Blatt der Lage) von der Schreiberin.
Mise en page:
Schriftspiegel braune Tinte, 9/9,5/10 x 6,5/7 cm, 14/15 Zeilen, in der Schlusspartie (in kleinerer Schrift) bis 21 Zeilen.
Type d'écritures et copistes:
Der Band stammt von der Hand der Angela Varnbühler, gemäss Schriftvergleich mit ihrer Hand in der Chronik, aufgrund des Duktus allgemein sowie den übereinstimmenden Buchstabenformen der unzialen d, der a, e, h und z, des finalis-s, der ch- u. ck-Ligatur, ausser dass hier bei den g die Unterlänge oberhalb des Bauches ansetzt; generell fällt die grosse Sorgfalt und Regelmässigkeit im Duktus auf; sehr akkurat, diszipliniert und konstant auch in den Buchstabenformen, regelmässiges Schriftbild [sehr ähnlich ihrer Schrift zu Beginn der Chronik, also wohl ungefähr zur selben Zeit wie die Anlage der Chronik (1481/82)]. Die Schlusspartie p. 525-530 in (zunehmend) kleinerer Schrift. Von ihrer Hand auch Cod. sang. 991, aufgrund ders. charakteristischen Buchstabenformen, einzig ist dort der Duktus etwas runder und breiter; ihre Hand auch als 2. Hand in Wil M I.
Décoration: Einfache, saubere 3-zeilige Lombarden; p. 106 unten Zierleiste mit roter Tinte, ähnlich p. 132 (Absatz), p. 196 (do.), ähnliche Verzierungen im Text (zum ›Ausfüllen‹ von Zeilen) passim p. 391-401. Die ›Konturen-Vorzeichnungen‹ für die Lombarden stammen von der Hand der Schreiberin, deshalb wohl auch die (sehr sorgfältigen, wie ›gemalten‹) Lombarden selbst.
Ajouts: Passim Korrekturen von der Hand der Schreiberin.
Reliure:
Zeitgenössischer Einband des Katharinen-Klosters: helles (Ziegen-) Leder ohne jede Verzierung, Leder-Langschliesse VDK-HD.
Sommaire:
- p. 1-219 Predigt über die heilige Jungfrau Clara in die deren Vita eingearbeitet ist. (Note: Ruh, Franziskanisches Schrifttum II (1985), S. 159, Anm. 2: « Betrachtungen zum Leben der Klara von Assisi in Predigtform ». Siehe dens., Franziskanisches Schrifttum I (1965), S. 57-65 (Handschriften und Lit.), dort in kurzen Auszügen gedruckt, unter Beizug dieser Handschrift; dazu ergänzend ders., ›Das St. Klara-Buch‹, in: Wissenschaft und Weisheit 46 (1983), S. 192-206 (unter dem Titel: Klara-Traktat ›Der herr aller ding‹).)
- p. 221-242 [Geistlicher Sendbrief eines Vaters an seine besonderen Kinder] einem bruͦder des ordens francisci zugeschrieben. (Note: Der Sendbrief auch in Cod. sang. 1859 [Besitz St. Katharina], p. 525-540.)
- p. 256-291 Predigt zu ›Mulier cum parit‹ [Joh 16, 21]: Über das Leiden, den Tod und die Sakramente. (Note: Auch in Cod. sang. 1066, f. 232ra-237ra, vermutlich Abschrift aus unserer Handschrift. Ediert von Kurt Ruh, Franziskanisches Schrifttum II (1985), S. 159-165, auf der Grundlage dieser Handschrift, mit Varianten aus Cod. sang. 1066 im textkritischen Apparat. Die Hypothese bei dems. ebd., S. 159, zur Provenienz der Handschrift aus dem Klarissen-Kloster Villingen, ist zu korrigieren, siehe im Kap. IV.4: Schriftlicher Austausch, Villingen, mit Anmerkungen. Die Predigt bei Morvay/Grube, Bibliographie deutsche Predigt (1974), S. 199, T 204, mit unserer Handschrift als Leithandschrift.)
- p. 427-530 >von der maß des gaistlichen crutz< [De mensuratione crucis] dt. (Note: Parallel-Überlieferung in München BSB Cgm 4597, f. Ir-34r, und VB Freiburg Hs. 490, f. 153r-166r (Block V); zur Freiburger Handschrift siehe Kap. IV.2: Schriftlicher Austausch, Inzigkofen, S. 228, Anm. 94. - Zu Ps.-Anselm, De mensuratione crucis, lat.: PL 159, Sp. 289-302; zu deutschen Übersetzungen VL² 1 (1978), Sp. 380 (Georg Steer).)
Provenance du manuscrit: Besitzeinträge: p. 1: Das buͦch gehörtt in das closter zuͦ Sant katherinen zuͦ Sant gallen prediger ordens (vor 1498: Eintrag von ders. Besitzeintrags-Hand wie in Überlingen Ms. 22, f. 2r i. e. Cordula von Schönau).
Bibliographie:
- Vogler, St. Katharina (1938), S. 251 f., Nr. 71: » Kursive, ausgehendes XV. Jh., gleiche Hand wie Nr. 54 «, i. e. Cod. sang. 1916. Diese Zuweisung beruht offensichtlich auf einem Irrtum und ist zu korrigieren;
- Rüther/Schiewer, Predigthandschriften (1992), S. 187, Anm. 78 unsere Handschrift erwähnt;
- Fechter, Handschriften Inzigkofen (1997), S. 122f. - Zur Handschrift siehe hier Kap. IV.4: Schriftlicher Austausch, Villingen, S.236.