Kurzcharakterisierung:Die im zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts wohl in Italien geschriebene Handschrift enthält die Rechtssprechungssammlung der Rota Romana des Kanonisten Wilhelm Horborch († 1384). Die Handschrift kam wohl wie andere Codices über den Nachlass des St. Galler Abts Kaspar von Breitenlandenberg (1442–1463), der 1439–1442 in Bologna bei Johannes de Anania Kirchenrecht studiert hatte, in die Bibliothek des Klosters St. Gallen.(len)
Standardbeschreibung: Lenz Philipp / Ortelli Stefania, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Gallen, Bd. 3: Abt. V: Codices 670-749: Iuridica; Kanonisches, römisches und germanisches Recht, Wiesbaden 2014, S. 210-212.
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Zusätzliche Beschreibung: Scherrer Gustav, Verzeichniss der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen, Halle 1875, S. 230-231.
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Online seit: 25.06.2015
St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 718
Pergament · 431 pp. · 31 x 22 cm · Italien (?) · zweites Viertel des 15. Jahrhunderts
Guilelmus Horborch: Decisiones novae Rotae
Wie zitieren:
St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 718, p. 85 – Guilelmus Horborch: Decisiones novae Rotae (https://www.e-codices.ch/de/list/one/csg/0718)
St. Gallen, Stiftsbibliothek St. Gallen, Cod. Sang. 718
Lenz Philipp / Ortelli Stefania, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Gallen, Bd. 3: Abt. V: Codices 670-749: Iuridica; Kanonisches, römisches und germanisches Recht, Wiesbaden 2014, S. 210-212.
Handschriftentitel: Guilelmus Horborch: Decisiones novae Rotae
Entstehungsort: Italien (?)
Entstehungszeit: 2. Viertel 15. Jh.
Frühere Signatur:
D.n. 100.
Beschreibstoff: Papier. Wasserzeichen (mindestens): P. 1–18, 415–431 2 Monde vom Typ Briquet 5202, 5207–5209, 5212 (beide identisch in Cod. Sang. 699, 700 und 701, davon 1 identisch in Cod. Sang. 698), p. 19–358 5 Ochsenköpfe vom Typ Piccard, Bd. 2/1, Abt. 5, Nr. 1–41, 501–641, davon 1 identisch mit und 1 ähnlich wie Piccard-online 62093 (1434), 1 Horn vom Typ Piccard, Bd. 7, Abt. 2 oder 3, p. 359–414 1 Hirsch vom Typ Piccard, Bd. 14/1, Abt. 4.
Umfang:
431 Seiten. Buchblock und Spiegelblätter 217 Blätter.
Lagenstruktur:
18 VVS –358 + VI382 + VIII414 + (IV+1)431 +1; das erste Blatt (vor p. 1) als vorderes Spiegelblatt auf den Vorderdeckel geklebt, das letzte Blatt (nach p. 430) ist ein Einzelblatt und als hinteres Spiegelblatt auf den Hinterdeckel geklebt. Reklamanten am Lagenende unten rechts, vertikal geschrieben p. 38–99, horizontal geschrieben p. 139, 179–358.
Zustand: Papier, p. 10 und 11 mit Spuren roten Wachses, manchmal schmutzig, besonders p. 19 und p. 417, p. 39–59 oben beschädigt durch Feuchtigkeit.
Seiteneinrichtung:
Schriftraum einspaltig, 20 x 13, 40–45 Zeilen, begrenzt durch Blind- und Metallstiftlinierung, mindestens p. 19–358 Zeilen ebenfalls in Blind- und Metallstiftlinierung, auf den Vertikalen oben und unten Zirkellöcher sichtbar.
Schrift und Hände: 3 Hände des 15. Jh., in brauner Tinte:
1. Hand p. 19– 119 schleifenlose Bastarda, möglicherweise italienisch beeinflusst, da z. B. ähnlich Derolez, Palaeography, Pl. 119, aber mit Gebrauch von „deutschem“ w, z.B. p. 19Willermus und p. 38conswetudine;
2. Hand p. 120–358 deutsche schleifenlose Bastarda;
Buchschmuck: p. 19 zu Beginn des Prologs eine ca. 15-zeilige Initiale in Rot, p. 19-24 zu Beginn der Kapitel (decisiones) 2-zeilige Initiale in Rot sowie Zählung der Kapitel in römischen Ziffern, p. 24–358 zu Beginn der Kapitel (decisiones) ein 2-zeiliges Lemma, bald in Rotunda, bald in Textualis, sowie Zählung der Kapitel in römischen Ziffern, p. 33, 34, 40, 116 mit federgezeichneten Männergesichtern geschmückt, p. 101–113, 121–138, 140–358 Lemmata ausgespart und nicht geschrieben, p. 359–414 nur vereinzelte Initialen (p. 380, 383, 388, 406).
Spätere Ergänzungen:
Marginalien von 3 Händen:
1. Marginalienhand, evt. identisch mit der 2. Hand in Cod. Sang. 698 (siehe dort), welche auch Partien in Cod. Sang. 699–701 (siehe dort) schreibt, bringt p. 118 Vermerk und p. 358 den Verweis vide in penultimo folio cum hoc signo an;
2. Marginalienhand, vielleicht Johannes Bischoff, schreibt p. 148, 224 Inhaltsvermerke;
3. Marginalienhand schreibt p. 361–412 viele längere Inhaltsvermerke.
Einband: Einband wohl der Mitte oder der 2. Hälfte des 15. Jh. Leder auf Pappdeckel, Lederbezug beschädigt. 4 Schleifenverschlüsse (Adler BV.1.2.1), erhalten sind Reste von Lederbändern, je 2 nahe am Vorder -, je 1 nahe am Ober - und Unterschnitt. Altes Rückenschild teilweise sichtbar: Determinatio// … Heftung auf 3 erhabene, gespaltene Lederbünde. Einfach umwickelte Kapitale. Die Lederbünde gehen auf die Aussenseiten der Pappdeckel, mit welchen sie durch drei Fadenstiche verbunden sind. Die Pappdeckel bestehen aus zusammengeklebten Papierblättern. Pergamentene Falzverstärkungen in den Lagenmitten und an den Lagenaussenseiten. Identischer Einband wie Cod. Sang. 698–701.
(19)
Prolog in der 2. Fassung.
In nomine domini amen. Anno a natiuitate eiusdem domini mccclxxxii [!] die Mercurii tricesima mensis Ianuarii, pontificatus domini Gregorii Pape XI. anno sexto … Ego Willermus Herbech … conclusiones siue determinationes infrascriptas quorundem dubiorum … aliorum postea superuenientium melius sentientium etc.
(19–358)
Text mit chronologisch geordneten Kapiteln bzw. decisiones.
(19)
Prima est quod attemperata applicatione pendente a diffinitiva post ipsius desertionem non veniunt …–…
(351–358)
Queratur quanti temporis spacio …–…
nunc restat respondere ad ar[gumenta] gl[ossae] quia si textus c. cum in tua //
bricht am Seitenende im letzten Viertel dieses letzten Kapitels [Druck f. 115va] ab.
Inhalt: (19–64) c. 1–41 [Druck c. 1–35], (64–71) ohne Kapitelzählung [Druck c. 457–459], (71–351) c. 42–469 [Druck c. 36–456], (351–358) ohne Kapitelzählung [Druck c. 460 = letztes Kapitel; siehe Dolezalek, S. 14]. Bei der Kopie der Lage V119 wurden nach korrekter Abschrift der p. 100–115 die letzten beiden Blätter vertauscht; die Textabfolge lautet deshalb p. 115, 118–119, 116–117, 120. Der Druck enthält gegenüber der vorliegenden Hs. zahlreiche Zusätze.
(359–412)
Ende eines Texts der Decisiones novae Rotae des Guilelmus Horborch mit einer vom Druck abweichenden, anscheinend nicht chronologischen, sondern thematischen Ordnung, mit den Überschriften
(406–412)
es folgt das Ende [Druck c. 460].
Queritur quanti temporis spacio …–…
ita in simili notat Hostiensis et Compostellanus de elec. transmissa [X 1.6.15] et eodem ti. c. quod sicud [! X 1.6.28].>Finis etc. Explicit expliciunt sprach dy kattze weder den hunt, brotworste sint dyr ungesunt<
.
Druck: GW 8197–8203, 8205–8208;
Verglichen mit dem Druck: Decisiones rote Noue et Antique cum additionibus, Lyon: Claudius Davost, 1509.
Ivo Pfaff, Zur Geschichte des Kanonisten Wilhelm Horborch und seiner Werke, in: ZRG KA 13 (1924), S. 513–518, diese Hs. erwähnt S. 513, Anm. 2;
André Fliniaux, Contributions à l’histoire des sources du droit canonique. Les anciennes collections des Decisiones Rotae Romanae, in: Revue historique de droit français et étranger, 4e série 4 (1925), S. 61–93, 382–410, hier S. 75–78 Prolog in der 2. Fassung abgedruckt, S. 69 diese Hs. erwähnt;
Gero Dolezalek, Die handschriftliche Verbreitung von Rechtsprechungssammlungen der Rota, in: ZRG KA 58 (1972), S. 1–106, S. 12 zum Prolog in der 2. Fassung, S. 12–13 zum Textbeginn Prima est quod attemptata ..., S. 14 zu den chronologisch bzw. thematisch geordneten Textgruppen mit dem Schlusskapitel Queritur quanti temporis ..., S. 72 diese Hs. erwähnt;
vgl. auch Coing, Handbuch, S. 849–856.
Entstehung der Handschrift:
Angesichts der Schrift (1. Hand), einiger Wasserzeichen (s. o. Monde und Hirsch) und der äusserlichen Parallelen (Wasserzeichen, Einband, evt. 1. Marginalienhand) mit Cod. Sang. 698–701 im 2. Viertel des 15. Jh. möglicherweise in Italien geschrieben
Provenienz der Handschrift:
und wahrscheinlich wie diese im Besitz des späteren St. Galler Abts Kaspar von Breitenlandenberg (1442–1463), der 1439–1442 in Bologna bei Johannes de Anania studierte und dort 1442 das Doktorat im Kirchenrecht erwarb.
Erwerb der Handschrift: Vielleicht nach dem Tod des Abts in die Klosterbibliothek gelangt, dort spätestens seit 1553–1564, wegen Stempel D.B. (p. 412). Auf dem vorderen Spiegelblatt klebt ein kleiner Papierzettel mit Inhaltsangabe von Jodocus Metzler: Collectio determinationum Rotae Romanae per Wilhelmum Herbechium decretorum doctorem. NB I. Alte Signatur Pius Kolb p. 1: D.n. 100.