St. Gallen, Kantonsbibliothek, Vadianische Sammlung, VadSlg Ms. 294
Beschreibung für e-codices von Rudolf Gamper und Monika Studer, Kantonsbibliothek St. Gallen, Vadianische Sammlung, St. Gallen 2009.
Titre du manuscrit: Evangeliar
Origine: St. Gallen.
Période: Letztes Viertel des 9. Jahrhunderts.
Ancienne Cote:
- A 66, 4°
- B 21
- B 38
Support: Pergament.
Volume:
324 Blätter
Format: 22 x 19-19,5 cm.
Numérotation des pages: Neuere Foliierung I. 1–323.
Mise en page:
Blindliniierung. Schriftraum 14 x 10,5, 16 Zeilen.
Type d'écritures et copistes: Karolingische Minuskel von mehreren Händen, Händewechsel z. B. 154v /156v , 318r /318v.
Décoration:
- Incipits und Explicits in roter, 5v und 154v in schwarzer Rustica.
- Textinitien sowie Initien der Kapitel über die Osterzeit (Mc 14, Lc 22, Lc 24, Io 18, Io 20) in schwarzer Rustica oder Unziale, 17v rot mit Silber- und Goldfüllung, 155v in silberner und goldener Rustica, 251r in goldener Rustica.
- 4v Übersicht über die Kanontafeln in Rustica wechselnd rot und schwarz. Satzmajuskeln rot, mit Silber oder Gold gefüllt, gelegentlich goldene Satzmajuskeln. Bei den Prologen 3–4zeilige rote Majuskeln, 1v mit silbernen Randleisten und goldenen Blättern als Stammfülllung. 11r–16v Kanontafeln unter silbernen und goldenen, rot konturierten Säulenbogen mit Säulenbasen und Kapitellen. Bei den Evangelien Initialzierseiten, 17v auch Incipitseite mit ganzseitigen silbernen und goldenen, rot konturierten Initialen, silbernen und goldenen Blättern als Füllmotive und grünen Punkten. Textinitien in Kapitalis quadrata und Unziale, wechselnd in Silber und Gold.
Ajouts: Korrekturen und Varianten von zeitgenössischen Händen, z. B. 4r, 106r, 168r, 259r, 311r, zum Teil auf Rasur. 97v–98r interlineare und marginale Glossen und 322v Nachtrag von der Hand Ekkeharts IV., 11. Jh. (so bereits Bernhard Bischoff, 1937), teilweise auf Rasur. 323r an unteren Rand Federprobe
Anno domini millesimo, 13. Jh.
247r Griffelglosse Ioh 9 (?). Auf den Rändern Kapitelzählung gemäss der Pariser Bibel in römischen Zahlen, 15./16. Jh. Auf dem Einschlag des Papstbriefs im vorderen Spiegel: Est bonus et antiquus codex, 18. Jh.
Reliure:
Originaleinband des 9.–10. Jhs. Heftung auf drei doppelte Bünde aus Pflanzenfasern, Deckelverbindung karolingisch. Rote, gelbe und grüne Kapitale, oben und unten gebrochen. Überstehende Lederlappen, innen mit dunkelrotem Seidenbrokat gefüttert und zusammen mit der Kapitale an Kopf und Schwanz mit farbigem Garn (rot, gelb und grün) umwickelt. Ehemals mit gelb-rot-grünem Seidenbrokat bezogen, Stücke davon im Spiegel und auf der Aussenseite der Lederlappen erhalten. Ehemals zwei nach hinten greifende Kantenschliessen, Lederriemen und kleiner Rest von derem Bezug mit Seidenbrokat erhalten. Rostflecken der ehemaligen Schliessennägel auf Bl. 1–3 . Der ganzer Einband im Spätmittelalter mit zusätzlichem Überzugsleder zum Hülleneinband ergänzt, die Einschläge im Vorderdeckel vernäht, überstehendes Leder an den Kanten unten und oben später abgeschnitten, nur Lasche über dem langen Schnitt erhalten. Spiegelblätter Pergament, abgelöst.
Matériel supplémentaire: Spiegelblatt vorn (Ir–v ) Originalbrief von Papst Innozent IV. an seinen Pönitentiar Frater Henricus O. P., den Rücktritt des Churer Bischofs vom 11. Okt. 1248 betreffend; Spiegelblatt hinten (323r-v) Einzelblatt mit gleicher Liniierung wie der Buchblock, oberes Drittel des Blattes abgeschnitten.
Sommaire:
- 1r leer.
- 1v–8v Prologi >Incipit epistula Hieronimi presbiteri ad Damasum papam< Beato papae … Novum opus …–… 5v papa beatissime. RB 595.
- 9r–9v leer.
- 10r–16v Canones evangeliorum >Incipit argumentum in Matheum Iheronymi< Plures fuisse Exzerpt aus RB 596 (Hieronymus, CC 77, S. 1f. , Zeile 1–13, 20f. und 24–30).
- 17r leer.
-
17v–95r
Evangelium secundum Mattheum
>In Christi nomine incipit evangelium secundum Matheum<
-
(18r)
Text:
Liber generationis …–…
consummationem saeculi.
>Explicit evangelium secundum Matheum<
Auf den linken Rändern eusebianische Kapitel- und Kanonesziffern. Bonifatius Fischer, Die lateinischen Evangelien bis zum 10. Jahrhundert, Bd. 1: Varianten zu Matthäus, Freiburg 1988 verzeichnet Varianten der Hs. unter der Sigle Kv.
-
(18r)
Text:
Liber generationis …–…
consummationem saeculi.
>Explicit evangelium secundum Matheum<
-
95v–154v
Evangelium secundum Marcum
- Prologue: > Praefatio in Marcum evangelistam< Quae causa fuerit Marco evangelii scribendi breviter insinuandum est. Cum Romanę urbi clarum veri dei lumen prędicante …–… 97r quae universis Christi ecclesiis foret imitabilis ostendit. Exzerpt aus Beda Venerabilis, Paraenetica, PL 94, Sp. 688A–D.
- (97r) >Item Hieronymus< Marcus interpres apostoli Petri et Alexandrinę ecclesię primus episcopus Exzerpt aus RB 596 (Hieronymus, CC 77, S. 2, Zeile 31–34).
- (97r) >Incipit argumentum evangelii secundum Marcum< Marcus evangelista dei et Petri in baptismate filius RB 607.
- (98r) Text: >Incipit evangelium secundum Marcum< Initium evangelii Ihesu Christi …–… sequentibus signis >Explicit evangelium secundum Marcum<
-
155r–250v
Evangelium secundum Lucam.
Prolog:
>Incipit argumentum<
Lucas medicus natione Syrus Antiocensis
Exzerpt aus RB 596 (Hieronymus, CC 77, S. 2, Zeile 35–39).
- (155v) Text: >Incipit evangelium secundum Lucan< Quoniam quidem
- (156r) Fuit in diebus …–… benedicentes deum >Explicit evangelium kata Lucam<
-
251r–318r
Evangelium secundum Iohannem.
Prolog:
>Incipit argumentum evangelii secundum Iohannem<
Iohannes apostolus
Exzerpt aus RB 596 (Hieronymus, CC 77, S. 2, Zeile 39–54).
- (251v) Text: >Incipit evangelium secundum Iohannem< 252r In principio …–… sunt libros >Explicit evangelium secundum Iohannem<
-
318v–322r
De consensu evangelistarum, lib. 3, cap. 69 et 83.
>Augustini<
Igitur omnia quae circa tempus resurrectionis facta sunt …–…
321r
usque in hodiernum diem.
CSEL 43, S. 361 Zeile 22 – S. 362 Zeile 17; S. 362 Zeile 23 – S. 363, 7; S. 363, Zeile 11–12, Zeile 18–22; S. 364, Zeile 1–4; S. 364 Zeile 12 – S. 366 Zeile 2; übersprungen sind Zitate, was durch et caetera usque oder usque angegeben ist.
- (321r) Decies visum post resurrectionem dominum …–… vidistis eum euntem in caelum.
- CSEL 43, S. 388f., Zeile 21ff., paraphrasiert, teil erweitert, teil gekürzt.
- Sara Janner und Romain Jurot, Die handschriftliche Überlieferung der Werke des heiligen Augustinus, Wien 2001, S. 38.
- 322v Versus Autograph
Origine du manuscrit: Kloster St. Gallen.
Provenance du manuscrit: Auf dem Einbandleder des Vorderdeckels oben mit Tinte Liber
[…] , Rest abgeschabt, unten kopfstehend mit Tinte [L]ib[er] est s. (?) Galli, beide 14.–15. Jh. Um 1550 wohl nicht mehr im Kloster; der zu dieser Zeit in den Klosterhandschriften angebrachte Stempel (Agnes Wegmann, Schweizer Exlibris bis zum Jahre 1900, Bd. 1, Zürich 1933, Nr. 2563) fehlt.
Acquisition du manuscrit: Gelangte in der 2. Hälfte des 17. Jhs. an die Bürgerbibliothek St. Gallen und ist verzeichnet in den Nachträgen zum Handschriftenkatalog der Stadtbibliothek St. Gallen von 1649, VadSlg Ms. 8a, 6v unter den Libri manuscripti in 4° mit der Signatur A 66: 4. Evangel. in Membrana. Alte Signaturen: auf der Lasche vor dem langen Schnitt B 21, im vorderen Spiegel B 38.
Bibliographie:
- Gustav Scherrer, Verzeichniss der Manuscripte und Incunabeln der Vadianischen Bibliothek in St. Gallen, St. Gallen 1864, S. 73f.;
- Adolf Merton, Die Buchmalerei in St. Gallen: vom neunten bis zum elften Jahrhundert, Leipzig 1912, S. 49 und Tafel 40;
- Franz Landsberger, Der St. Galler Folchart-Psalter. Eine Initialstudie, St. Gallen 1912, S. 15–18;
- Albert Bruckner, Scriptoria medii aevi helvetica. Denkmäler schweizerischer Schreibkunst des Mittelalters, B. 3, S. 39, 42, 52f. und Tafel 22;
- Bernhard Bischoff, Handschriftenarchiv, MGH Hilfsmittel 16, München 1997, Fiche 16 (Aufzeichnungen vom 14. VI. 1937);
- Arno Mentzel-Reuters, Ein Evangeliar aus der St. Galler Schreibschule unter Salomon III.: ÖB Aachen, Cod. Wings 1, in: Aachener Kunstblätter 59 (1991-1993), S. 71-83;
- Otto P. Clavadetscher, Eine neue Quelle zur Geschichte des Streits um den Churer Bischofsstuhl im 13. Jahrhundert, in: Montfort 49 (1997), S. 231 und Abb. S. 233;
- Anton Von Euw, Die St. Galler Buchkunst vom 8. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, St. Gallen 2008, Bd. 1, S. 145f. und 415–417, Nr. 102, Bd. 2, S. 300f., Abb. 411–414.