Hermetschwil, Benediktinerinnenkloster, Cod. chart. 192
©
Bretscher-Gisiger Charlotte / Gamper Rudolf, Katalog der mittelalterlichen Handschriften der Klöster Muri und Hermetschwil, Dietikon-Zürich 2005, S. 313-316.
By courtesy of Urs Graf Verlag, Dietikon. The manuscript description is copyrighted by the publisher.
Manuscript title: Gebetbuch
Date of origin: Letztes Viertel des 15. Jahrhunderts
Former shelfmark:
Cod. 10.97.
Support: Papier
Wasserzeichen: Ochsenkopf, Piccard V 289–292 (1486–1494) und XII 583–584 oder 587 (1478–1489); Buchstabe P, Piccard XIII 482–484 (1496/1497) und IX 1262 (1491), sowie weitere Formen.
Wasserzeichen: Ochsenkopf, Piccard V 289–292 (1486–1494) und XII 583–584 oder 587 (1478–1489); Buchstabe P, Piccard XIII 482–484 (1496/1497) und IX 1262 (1491), sowie weitere Formen.
Extent:
168 Blätter
Format: 15,5 x 11 cm
Collation:
Lagen: (VII-1)12 + (III-1)17 + VII31 + VI43 + (VIII-6)53 + VI65 + 2 V85 + 6 VI157 + V167, nach Bl. 12 ein Blatt, vor Bl. 13 ein Blatt, nach Bl. 53 sind 6 Blätter und sechs Lagen herausgeschnitten, sowie Blatt I–12 und Blatt 162–164 teilweise herausgerissen, Textverlust. Reklamanten.
Page layout:
Schriftraum mit Blind- und Stiftlinien begrenzt. Schriftraum: 10–12,5 x 7–9, 19–27 Zeilen.
Writing and hands:
Jüngere gotische Kursive von einer Hand.
Decoration:
Rubriziert, 1–4zeilige rote Lombarden, Überschriften rot.
Additions: Streichungen und Korrekturen, z. B. 30r, 56r, 132v. Nachträge von wenig späteren Händen: 30r–31v, 107v–119v, 162v–164v.
Binding:
Mit rotem Leder bezogene Holzdeckel, 2. Hälfte des 15. Jhs. Streicheisenlinien. Ehemals eine nach vorn greifende Kantenschliesse. Auf dem Rücken Papierschild mit Signatur 192. Ir in Tinte Angaben zur Handschrift, 20. Jh. Aus den Spiegeln herausgelöste Fragmente einer Pergamenturkunde in der Fragmentensammlung II, Cod. chart. 192: Schultheiss und Rat von Thun beurkunden einen Verkauf, 2. Hälfte des 15. Jhs.; die Datumszeile ist nur zum Teil erhalten: // donrstag nach dem zwelften tag des jar // // zalte von gottes geburt viertzehenhundert // // und fünff jar etc.; unter dem Text kopfstehend: Bätt buch, 17. Jh.
Main language: Mundart: Hochalemannisch.
Contents:
- Ir Notizen zur Handschrift, 20. Jh., sonst leer.
- Iv leer
- 1r–12v Kalendar. Deutsch. Unvollständig, 1. 1.–30. 10., Blätter teilweise herausgerissen. Goldene Zahl, Sonntagsbuchstaben, Sol intrante und Monatszeichen, Aderlasstafel. Zu jedem Monat: Angaben der Länge von Tag und Nacht, Schröpf- und weitere Gesundheitsregeln. Rot hervorgehoben: Hilarius 13. 1., Antonius 17. 1., Matthias 24. 2., Fridolin 6. 3., Georg 23. 4., Marcus 25. 4., Philipp und Jakob 1. 5., Inventio crucis 3. 5., Urban 25. 5., Zehntausend Ritter 22. 6., Johannes Bapt. 24. 6., Johannes und Paulus 26. 6., Petrus und Paulus 29. 6., Udalrich 4. 7., Placidus und Sigibert 11. 7., Margarete 15. 7., Maria Magdalena 22. 7., Jakob 25. 7., Laurentius 10. 8., Joder (= Theodor) 16. 8., Bartholomäus 24. 8., Pelagius und Augustinus 28. 8., Verena 1. 9., Felix, Regula und Exuperantius 11. 9., Exaltatio crucis 14. 9., Matthaeus 21. 9., Mauritius 22. 9., Michael 29. 9., Dionysius 9. 10., Gallus 16. 9., Elftausend Jungfrauen 21. 10., Simon und Juda 28. 10. Bemerkenswert: [Karolus Magnus] keiser 28. 1., Onofrius 20. 6. (statt 13. 6.), Translatio Eligii 25. 6., Goar 6. 7., Arnulf 18. 7. (Nachtrag).
- 13r–17v Komputistische Tafeln. Intervalltafel Weihnachten bis Invocavit.
-
18r–30v
Eucharistietraktat
(Auszug).
Hie solt wüssen dz die heilig meß als wenn man sy spricht drü stuck hat. Das erst teil von dem anfang untz zuͦ dem oppfer und betütt, wie der mensch geistlich in siner sel sol erlücht werden …–…
und wo die wirdig spis bereit und gewandelt ist.
Annelies Julia Hofmann, Der Eucharistie-Traktat des Marquards von Lindau, Tübingen 1960, S. 268, Zeile 5 – S. 280, Zeile 26, Anfang stark gekürzt. Nigel F. Palmer, Artikel Marquard von Lindau, in: Verfasserlexikon2, Bd. 6 (1987), Sp. 81–126. - 30v–31v Gebet. Gereimt. Nachtrag. >Miserere<. [H]erre got erbarm dich über mich durch din grosse gnad. Herre nach dinen hulden, nit nach minen schulden, herre nacach [sic] dines vatters rat urteil min misstat …
- 32r Gloria. Deutsch. >Das Gloria in excelsis<. Ere sy gott dem herren in der höchi und dem menschen frid uff erd die eins guͦten willen sind …
- 32v–34r Morgengebete. >Des morgens so du uff stast so grüß Ihesum und sprich also<. Gegrüsset syest du Ihesus du blügende bluͦm von Nazareth … … 4 Gebete, Initien im Register.
- 34v–38r Gebete zu den fünf Wunden Christi. >Dis sind gebett von den heiligen fünff wunden Christi Ihesu. Wer die spricht der hat applas fünff hundert jar und vij jaren<. Lob und ere sy dir barmhetzigster herr Ihesus Christus umb din allerheiligsten wunden diner gerechten hand … 5 Gebete mit deutscher Antiphon und Oratio.
- 38r–40v Die sieben Worte Christi am Kreuz. >Dis sind die siben wort die Christus sprach an dem heiligen crütz. Wer die mit andacht spricht der hat von dem babst Innocencio dem vierden lx und hundert tag ablas tötlicher und teglicher sünden<. Herr Ihesu Christe des lebendigen gottes sun der da an dem ende dins lebens an dem heiligen crütz hiengte … Lateinischer Text: Victor Leroquais, Les Livres d’heures. Manuscrits de la Bibliotèque nationale, Bd. 2, Paris 1927, S. 342; vgl. PL 94, Sp. 561f.
- 41r leer.
- 41v–46v Tagzeiten vom Leiden Christi. >Hienach stand geschriben die siben zit unsers herrn Ihesu Christi von siner wirdigen marter. Wer die mit andacht spricht der empfacht davon grossen ablas<. Zuͦ metti zyt. Alle fröid ward betrüpt alle wißheit ward verraten … Die Tagzeiten werden jeweils mit Stücken aus einer « Anaphorischen Betrachtung » eingeleitet; sie entspricht weitgehend Rolf Klemmt, Mitteilungen zu einer Anaphorischen Betrachtung der Spätgotik, in: Fachliteratur des Mittelalters. Festschrift Gerhard Eis, Stuttgart 1968, S. 99f., vgl. Klapper Nr. 103.
-
46v–47v
Gebet zu Christus.
>Von dem nachgeschriben gebett git Bonifacius der babst tusent und lxvi tag applas töttlicher sünde<.
Der himelsche künig unser herr Ihesus Christus hieng an dem crütz allein in gehorsam sins vatters mit mynnender gotheit …
Entspricht teilweise Cod. chart. 210, 80r–81r und Cod. chart. 214, 6bisr–7r.
- (47v) Herr erzöig uns din barmherzigkeit und gib uns din ewiges heil …
- 47v–51r Gebet, dem heiligen Augustinus zugeschrieben. >In dem namen der heiligen drivaltigkeit hept an dis gebett das sanctus Augustinus mit den heiligen engelen gedichtet hat … Es spricht öch sanctus Gregorius welhes mensch es spricht zuͦ gott mit guͦter andacht dem mag des tags der tüfel noch kein böser mensch nit geschaden und sprich also<. Herr du bist allmechtig und drivaltig und werdt ye vor allen dingen und belibst ewenklichen. Eya du gebeneduter gott ich bevilch dir minen lib und min sele in den gewalt diner hende …
-
51r–53v
Gebete zu Gottvater, Maria und Christus.
Teilweise gereimt.
>Wer dis nachgeschriben gebet spricht der hat tusent jar applas<.
O schöppfer aller creaturen du bist barmhertzig von naturen durch dinen gebeneduton tod …
- Maria du bist muͦter und oͧch maget du gebert den Ihesum Crist der ein erloser und ein helffer ist …
- (51v) Herre bereit mich mit allen himelschen gnaden, herr bereit mich mit aller martrer bluͦt …
- (52r) O marter groß o menscheit bloß o wunden tieff … hilff uns herr … , ähnlich Klapper Nr. 105;
- Allmechtiger gott du versecht mich do ich nit was …
- O Maria muͦter aller gnaden und ein faß der lutern gotheit, ein schrin der heiligen drivaltickeit … ich bitt dich ußerwelte reine magt …
- (52v) >Dz Salve regina<. Bis wilkommen küngin der barmhertzickeit ein süssickeit des lebens und unser hoffnung …
-
(53r)
>Wer dis nachgeschriben gebett spricht xxx tag nacheinander ane underlaß mit andacht und mit rüw siner sünd und mit einem guͦten fürsatz unser lieben froͧwen und was er sy bitt das muglich ist des wirt er gewert von unser lieben froͧwen<.
Sancta Maria ein junckfroͧw ob allen junckfroͧwen ein muͦter der barmhertzickeit … ich bitt dich durch dz schnident swert dz durch din sele und din hertz verschneid …
Klapper Nr. 98,1. Bricht 53v unten ab, danach fehlen 6 Blätter sowie 6 Lagen, Textverlust.
- 54r–55v Rosenkranz. Anfang fehlt. // Ave Maria. Der zuͦ dem schaher sprach noch hüt soltu by mir sin in dem paradis … Ave Maria. Der dich reine selige Maria sanct Johanno ewangelist bevalch …
-
55v–60r
Gebete zu Maria.
Gereimt.
>Wer dis nachgeschriben gebett spricht unser lieben froͧwen drissig tag an underlas der wirt gentzlich gewert von der reinen junckfroͧwen Maria was er bitt an sel und an lib und dz da ist von zymlichen sachen und bett des wirt er an zwifel gewert<.
Gott grüsse dich Maria zuͦ zehen tusent stund der heilig geist sandt den sun uß sines vatters hertzen grund dz tett der engel sant Gabriel kunt …
-
(56r)
Sancta Maria ein junckfroͧw ob allen junckfroͧwen ein muͦter aller wirdickeitt … ich bitt dich durch dz schnident schwert dz dich durch din sel und hertze schneid …
Klapper Nr. 98,1.
-
(56r)
Sancta Maria ein junckfroͧw ob allen junckfroͧwen ein muͦter aller wirdickeitt … ich bitt dich durch dz schnident schwert dz dich durch din sel und hertze schneid …
- 60r–70v Officium BMV. Nur Matutin und Laudes. >Incipit cursus beate Marie virginis<. Domine labia mea …–… 70r domine exaudi orationem.
- 71r–75v leer.
-
76r–80r
Orationes.
>Sequitur oracio valde bona. Si quis eam cottidie dixerit per tres dies ante mortem suam videbit dominum … <.
Obsecro te …
für männlichen Sprecher.
- (78r) >Oracio per ordines<. [O] dulcissime domine Ihesu Christe … sicut desidero aut sicut tota mente peto …
- 79v–80r Oratio de passione domini. Nur Anfang. >Sequitur oracio ad patrem de oblacione corporis Christi de merito passionis eius et nostra resignacione infra missam legenda<. Respice clementissime pater de sanctuario tuo … ; Thomas a Kempis, Opera omnia, hrsg. Michael Joseph Pohl, Bd. 3, Freiburg i. B. 1904, S. 333f.
- 80v–85v leer.
- 86r–107r Officium defunctorum. >Incipit vespera mortuorum<. Antiphona. Placebo …–… 106v Requiescant in pace. Amen. Anschliessend 3 Orationen.
-
107v–119v
Sterbebüchlein.
[D]is nachgeschriben ler soltu dir selb oder wem du gutz gunst tun in dem todbett so ein mensch nochten gut vernunfft hat ... Dise guͦte ler hat ein doctor geprediget hat geheissen meister Heinrich von Hessen ze Wien und sprach also: Du solt dem siechen ein gewicht liecht in die rechten hand geben …
- (108r) [I]ch N. nymm dis gewicht liecht in min hand und vergich den heiligen cristenlichen glouben … 4 Gebete.
- (110v) [D]er junger fragt sinen meister und spricht also: Sider dz fegfür so bitter ist und schwer und der selen so bald vergessen wirt … , Marquard von Lindau, O.F.M., Das Buch der zehn Gebote (Venedig 1483), hrsg. v. Jacobus Willem van Maren, Amsterdam 1984, S. 48f.
- (112v) Dis nachgeschriben fünff stuck soll ein yeglicher sterbender mensch an im han … lert sant Augustinus. Dz erst: Er sol sich keren von allen zitlichen dingen …
- (113v) Dis nachgeschriben gebett sol man ze dry malen sprechen einem hinziehenden menschen … [O] allmechtiger ewiger gott ich verschluß diese sele N. in die hochen wirdigen vergötteten menscheit …
- (114r) Exempel: Es ist gewesen ein pabst der hatt sin capplan ussermassen lieb. Nun fragt der caplan den pabst womit er im ze hilff kommen möcht nach sinem tod … Rudolf, Ars moriendi, S. 76.
- (115v) Dis ist und heist dz guͦt Kyrieleyson … [K]yrieleyson. So spricht der co[n]vent: O herr erbarm dich über sy …
- (119r) Dz ist ein besunder guͦt gebett dem sterbenden menschen ze hilff und ze trost. [H]erre Ihesu Christe senck dise sel in die tieffe diner heiligen wunden …
- 120r–121v leer.
-
122r–128r
Officium defunctorum.
Nur Lesungen und Laudes mit Orationen.
Parce mihi domine …–…
Per dominum nostrum.
- (127r) Laudes. Responsorien dominikanisch, Ottosen, Responsories, 14-72-24 / 32-57-28 / 68-46-38.
- 128v leer.
- 129r–162r Commemoratio defunctorum. Liberator animarum deus suscipe hanc oblacionem quam tibi offero pro anima famuli tui N …–… dona eis requiem sempiternam. Amen.
- 162v–164v Gebete zu Christus. // [em]pfil mich hüt und dis … Anfang fehlt, Ecke abgerissen. 3 Gebete.
- 165r–167v leer.
Origin of the manuscript: Südwestdeutsch nach dem Kalendar. Mundart: Hochalemannisch.
Provenance of the manuscript: Im 17. Jh. Hermetschwil, nach dem Eintrag auf der Pergamenturkunde. Im vorderen Spiegel mit Bleistift alte Signatur Cod. 10.97., darunter no 192, 18r und im hinteren Spiegel Stempel Convent M. G., 19. Jh.
Bibliography:
- Bruckner, Scriptoria 7, S. 41, Anm. 54.