Manuscript Summary:This Old French Bible du XIIIème siècle was compiled in Paris in the second half of the 13th century. The two parts (Cod. 27/28), kept in the Bugerbibliothek of Bern, are among the oldest surviving copies; independent of one another, they probably originated in Southern France. Cod. 27 is partially glossed; at one time it contained 31 superb miniatures, of which today twenty have been lost.(mit)
Standard description: Homburger, Otto: Die illustrierten Handschriften der Burgerbibliothek Bern, Bd. III (Bern, um 1960) [unpubliziertes Typoskript]. Redigiert und ergänzt von Florian Mittenhuber, Mai 2013.
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Online Since: 10/07/2013
Bern, Burgerbibliothek, Cod. 27
Parchment · 331 ff. · 38.5 x 26.5 cm · France (Southern France?) · second half of the 13th century
Bible du XIIIème siècle (Part 1: Genesis – Psalms)
How to quote:
Bern, Burgerbibliothek, Cod. 27, f. 279v – Bible du XIIIème siècle (Part 1: Genesis – Psalms) (https://www.e-codices.ch/en/list/one/bbb/0027)
Homburger, Otto: Die illustrierten Handschriften der Burgerbibliothek Bern, Bd. III (Bern, um 1960) [unpubliziertes Typoskript]. Redigiert und ergänzt von Florian Mittenhuber, Mai 2013.
Place of origin: Frankreich: Südfrankreich (Homburger anhand paläographischer Indizien)
Date of origin: Zweite Hälfte des 13. Jh.
Support: Pergament (Ziege)
Extent:
331 Blätter
Format: 38,5 x 26,5 cm (stark beschnitten)
Foliation: Moderne Foliierung 1–331
Collation:
(I-1)1 + 10 VI121 + V131 + 11 VI263 + V273 + 3 VI309 + V319 + VI331. 28 Lagen, alles Sexternionen, ausser die 11., 23. und 27. (Quinionen); voraus 1 Einzelblatt. (f. 1).
Reklamanten jeweils unten rechts auf der letzten Versoseite der Lagen, häufig beschnitten. Am Schluss der Lagen oft Zensur-Vermerk COR (z.B. 73v; die fehlenden Vermerke wohl beim Binden weggeschnitten); unter dem Explicit Notiz >CORRECTUS EST< (331rb).
Condition: 20 Initialen sind zwischen 1760 und 1875 ausgeschnitten worden, jeweils mit Textverlust im Umfeld und auf der Rückseite der Blätter, oft auch auf den darunterliegenden Blättern.
Restaurierungen Juni 1987 bis Mai 1988 sowie März bis Juni 2001: Überkleben der durch das Ausschneiden der Miniaturen entstandenen Löcher mit Japanpapier und Schliessen von Rissen.
331rb Schreiberspruch Scriptor habens metam gaudet fecisse dietam, in Zierschrift unter dem Explicit.
Decoration:
a) Miniaturen
Verschieden grosse, rechteckig gerahmte hochgotische Initial-Miniaturen von herausragender Qualität, in denen Szenen auf Goldgrund wiedergegeben sind, die auf den Inhalt des folgenden biblischen Buches Bezug nehmen. Von den 31 ursprünglichen Miniaturen sind 20 ausgeschnitten (jeweils mit Textverlust auf den Rückseiten); noch vorhanden sind 11 Miniaturen, im Einzelnen:
2ra Am Anfang des Buches Genesis sind eine Miniatur und eine Initiale untereinander angeordnet. Miniatur (90 x 86 mm): In den von einer Ranke gebildeten Kreisfeldern sind in zwei Reihen auf Goldgrund dargestellt: oben die Verkündigung, David mit Leier, die Geburt Christi, darunter Moses mit den Gesetzestafeln, die Versuchung Christi und ein jugendlicher Heiliger mit aufgerolltem Schriftband (Johannes); unten unter Kleeblattbögen: der Herr spricht zu Adam und Eva, rechts die Vertreibung aus dem Paradies. Die darunter liegende Initiale C (50 x 50 mm) zeigt den schreibenden Moses.
147rb Iudicum, Initiale A (57 x 62 mm): Über dem teilenden Querbalken fragen die Kinder Israel den Herrn, wer nun ihr Führer sein soll; unten sind diese kniend vor dem gewappneten Jephtah (?) wiedergegeben.
168vb Ruth, Initiale E (58 x 54 mm): Über der Zunge des Buchstabens zieht Elimelech mit den Seinen ins Land der Moabiter; unten liest Ruth auf dem Feld des Boas Ähren auf.
171va Regum I (Samuel 1): Initiale ausgeschnitten (mit Verlust der oberen äusseren Blattecke).
187va Regum II (Samuel 2): Initiale ausgeschnitten.
200rb Regum III (Könige 1), Initiale L (ca. 90 x 70 mm): Oben vermutlich die Salbung Salomos durch Zadok und Nathan, unten Beilager Salomos und der Königin von Saba (oder Davids mit Abisag). Die Miniatur ist wohl der Darstellung wegen absichtlich beschädigt und unkenntlich gemacht.
214vb Regum IV (Könige 2), Initiale L (78 x 65 mm): Oben kommt der Hauptmann mit den 50 zu dem auf dem Berge sitzenden Elias und ein Feuer vom Himmel vernichtet sie; unten verkündet der Prophet, der in ein raues Gewand mit ledernem Gürtel gekleidet ist, dem König Ahasja den Tod.
240va Paralipomenon II, Initiale S (57 x 58 mm): Oben redet Salomo mit dem Volke Israel, unten bringt Salomo vor der Hütte des Stifts ein Opfer dar.
256va Ezra I, Initiale E (70 x 62 mm): Ein Engel nähert sich dem thronenden König Cyrus mit Lilienszepter; unten beten König und Volk vor einem zu erbauenden Tempel.
267ra Ezra II (Nehemia), Initiale J (97 x 50 mm): Breites aufrechtes Rechteck, in dem, auf Goldgrund und in Kreisen übereinander angeordnet, folgende Szenen wiedergegeben sind: Josias opfert auf dem Altar des Herrn einen jungen Stier, er spricht zu den Leviten, er bringt ein Passahlamm.
289rb Hiob, Initiale U (59 x 60 mm): Oben wird der unbekleidet dasitzende Hiob von seiner Frau zum Abfall von Gott beredet, links sein brennendes Haus; unten besuchen die Freunde den Aussätzigen.
301va Psalmen: Wie am Anfang des Buches Genesis sind eine rechteckige Miniatur und eine Initiale – generell wird mit den Initialen die Achtteilung der Psalmen betont – untereinander angeordnet. Die Miniatur (ca. 82 x 89 mm) ist ausgeschnitten. Die vegetabil behandelte L-Initiale (95 x 45mm), die das Bild des schreibenden Königs David umschliesst, füllt den grösseren Teil des eingerahmten und der Buchstabenform angepassten Goldgrundes, darüber taucht aus den Wolken hervor der segnende Gott.
b) weitere Ausstattung
Ein- bis vierzeilige Lombarden in Rot und Blau, von denen z.T. seitenhohe, aus eigenartigem Filigranornament gebildete Zierleisten mit Fleuronnée ausgehen. Die mit Verzierungen versehene Kapitelzählung in römischen Ziffern sowie die Seitenüberschriften sind ebenfalls in Rot und Blau gehalten.
Ebenfalls mit feinen Verzierungen und Grotesken versehen sind bisweilen die Vermerke am Schluss der Bücher (z.B. 171rb: Ci fenist li livres Ruth, 256rb: Amen, 301rb: Ci fenist li livres de Iob) sowie die Reklamanten (z.B. 143v: feine Federzeichnung in den Körper eines Tigers mit geschwungenem Schwanz).
Additions: Wenige Ergänzungen von Händen des 14. und 15. Jahrhunderts, z.B. 114v.
Binding:
Mit hellem Pergament überzogene Pappdeckel (39 x 27,5 cm), mit dreifachen Streicheisenlinien in Kastenform blind verziert; auf 5 doppelte Wildlederbünde geheftet; mit Seide umstochene Kapitalen. RückentitelBibliorum Gallicorum prisci et antiquati [sic] sermonis cum brevibus glossis. Tom. 1. von der Hand M. Wilds; unten modernes Signaturschild Mscpt. 27, darunter alte Signatur mss. theol. 27 (?) sichtbar.
Je vier Vor- und Nachsatzblätter aus Papier (I–III bzw. IV–VI, das erste bzw. letzte in den Spiegel geklebt); Wasserzeichen B in gekröntem Wappenschild, darunter Schriftband iaqueslebe. Möglicherweise Papier aus Troyes, um 1594; vgl. das Vorsatzpapier im alten Einband von Cod. 28.
2ra–331rbBible (Genesis – Psalmen).>C … puost engendrer el vie perdurable. >teuxte< El comencament cria dieu le ciel e la terre. >glose< Quant la sainte ecriture comence a demonstrer …–…
Tout esperit cest tote chose qui a esperit lot nostre seingnor. Amen. Explicit li psautiers.
(2ra–54vb)
Genesis [mit kurzem Prolog, s. oben] – Ed. Quereuil 1988, S. 91–388.
Bemerkungen zum Inhalt:
Die Bible du XIIIème siècle wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jh. in Paris zusammengestellt. Sie umfasst in ihrem ersten Teil den Oktateuch, die Königsbücher, die Chroniken, die Bücher Ezra, Tobias, Judith, Esther, Hiob und die Psalmen. Die Bücher Genesis sowie Josua, Richter und Ruth sind abschnittweise glossiert, d.h. auf den französischen Text (teuxte) folgt jeweils der eingeschaltete Kommentar (glose); es handelt sich dabei grösstenteils um eine französische Übersetzung der Glossa ordinaria (Migne, Patrologia Latina, Bd. CXIII). – Im zweiten Teil folgen die Bücher Salomo, die Propheten und die Makkabäer. Das Neue Testament umfasst die Evangelien, die Paulusbriefe, die Apostelgeschichte, die katholischen Briefe und die Apokalypse. Handschriften des 13. Jh., die den ersten Teil Bible du XIIIème siècle enthalten, sind sehr selten, neben den Berner Handschriften sind nur etwa zehn weitere bekannt.
Nahe verwandt mit der Bible du XIIIème siècle ist die als biblische Geschichte dargestellte Bible Historiale des Guyart des Moulins. Sie vereint im ersten Band die Vulgata von Hieronymus mit der Historia Scholastica von Petrus Comestor. Guyarts Werk wurde rasch durch den zweiten Band der Bible du XIIIème siècle ergänzt, weshalb für diesen Teil eine Unterscheidung oft schwierig ist; vgl. zum ganzen Thema Fournié 2009.
Provenance of the manuscript:
Vorbesitzer: Bongars, Jacques (1554–1612) – sein Namenszug am Beginn und Schluss des Textes (2r, 331r).
Durch die Schenkung von Jakob Graviseth 1632 in die Berner Bibliothek gelangt; vgl. f. 2r unten: Schwarzer Rundstempel Bibliotheca Bernensis, 42 mm (um 1700); oben alte Signatur MS 27 (18. Jh.).
In Bern hat man Cod. 27 und 28 als Teile eines ursprünglich zusammengehörenden Ganzen angesehen; die beiden Hälften sind jedoch nach Format, ornamentaler Ausstattung und Stil der Miniaturen völlig verschieden (vgl. z.B. die gegensätzlichen Proportionen der Figuren und beachte die Randleisten in Cod. 28).
Kataloge:
Hortin, Samuel: Clavis bibliothecae Bongarsianae MDCXXXIIII. Bern 1634 [= BBB Cod. A 5], S. 2: [Sign.] I.3.4 [Nr. 9]: Biblia Gallia integra, prisci et antiqui sermonis, cum brevibus glossis. Tom[i] II. f[ol]. Scriptura elegans et grandiuscula, opus indubie duobus seculis vetustius.
Wild, Marquard: Catalogus Librorum Bibliothecae Civicae Bernensis MDCIIIC. Bern 1697 [= BBB Cod. A 4], f. 11r: 27. Bibliorum Gallicorum prisci et antiqui sermonis cum brevibus glossis. Volumen primum. Scriptura elegans et grandiuscula, opus indubie duobus seculis vetustius, f[ol].
Engel, Samuel: Manuscripta A[nno] 1740. Bern 1740 [= BBB Mss.h.h. III 110], f. 13v: 27.28. Biblia Gallica, usque ad Psalterium inclusive, cum glossa, & volumen 2, s. 14°, m[embr.] und f. 38v: Gallicae Biblia partes…
Sinner, Johann Rudolf: Catalogus codicum mss. bibliothecae Bernensis, Bd. 1. Bern 1760, S. 18–19.
Hagen, Hermann: Catalogus Codicum Bernensium. Bern 1875, S. 20–21.
Homburger, Otto: Die illustrierten Handschriften der Burgerbibliothek Bern, Bd. II (Bern, um 1960) [unpubliziertes Typoskript], S. 11–12.
Literatur zur Handschrift (Auswahl):
Vollmer, Hans: Niederdeutsche Historienbibeln und andere Bibelbearbeitungen, Berlin 1916, hier S. 32–33, Anm. 1.
Literatur (Auswahl):
Bogaert, Pierre-Maurice: Adaptations et versions de la Bible en prose (langue d’oïl), in: Les genres littéraires dans les sources théologiques et philosophiques médiévales. Louvain-la-Neuve 1982, S. 259–277.
Bogaert, Pierre-Maurice: Bible française, in: Dictionnaire des lettres françaises: Le Moyen Age. Paris 1992, hier S. 189–192.
Berger, Samuel: La Bible française au Moyen Âge. Étude sur les plus anciennes versions de la Bible écrites en langue d'oïl. Paris 1884 [Nachdruck: Genf 1967].
Decoo, Wilfried: La Bible française du XIIIème siècle et l’Evangile selon Marc. Remarques critiques, in: Romanica Gandensia 12 (1969), S. 53–65.
Fournié, Eléonore: Les manuscrits de la Bible historiale. Présentation et catalogue raisonné d’une œuvre médiévale, in: L’Atelier du Centre de recherches historiques 03.2 (2009) [online Mai 2013: http://acrh.revues.org/1408].
Heinimann, Siegfried: Il paternostro in volgare francese. Tradizione scritta e tradizione orale, in: Miscellanea di studi in onore di Aurelio Roncaglia. Modena 1989, S. 663–672.
Quereuil, Michel: La Bible française du XIIIème siècle – édition critique de la Genèse. Genève 1988.
Sneddon, Clive R.: A critical edition of the Four Gospels in the Thirteenth Century Old French translation of the Bible. Oxford 1978 [Diss. Bodleiana, unpubliziert].