Engelberg, Stiftsbibliothek, Cod. 337
Origine: Engelberg?
Période: erstes Viertel des 15. Jh. (vermutlich zwischen 1415 und 1420)
Support: Papier. Wasserzeichen: Zwei gekreuzte Schlüssel mit einfachem Schaft und dreizackigem Bart in einem Kreis, aufgrund von Ähnlichkeiten mit
Piccard, Wasserzeichen Schlüssel, V 1-4, 7-8, 10, 14 und
Briquet 3891ff. bzw. innerhalb des Bestandes
Piccard-Online 121469-121600 auf die Jahre 1415-1420 zu datieren (vgl. Stauffacher 1982, 6/99 und Anm. 613-615).
Volume:
85 Bl.
Format: 215 x 140 mm
Numérotation des pages: vermutlich aus dem 19. Jh.
Composition des cahiers: IV
8
+ (IV-1)
15
+ 7 V
85
.
Von Lage 2 fehlt das erste Blatt (Textlücke in der 2. Predigt); bis zur Restaurierung 2007 waren f. 8 (jetzt separat befestigt) und f. 9 im Falz aneinandergeklebt. Lagenzählung (i, iij, iiij, v, vj, vij, viij, viiij) am unteren Seitenrand von der Haupthand.
Von Lage 2 fehlt das erste Blatt (Textlücke in der 2. Predigt); bis zur Restaurierung 2007 waren f. 8 (jetzt separat befestigt) und f. 9 im Falz aneinandergeklebt. Lagenzählung (i, iij, iiij, v, vj, vij, viij, viiij) am unteren Seitenrand von der Haupthand.
Mise en page:
Schriftraum einspaltig 155/165 x 100/110 mm, 19-24 Zeilen (oft uneinheitlich lang), mit Griffel liniiert.
Type d'écritures et copistes:
Oft unregelmässige, aber nicht ungeübte Buchkursive von einer einzigen Hand, die nirgends sonst im spätmittelaterlichen Bestand der Stiftsbibliothek identifiziert werden konnte. Viele Abkürzungen, uneinheitliche Umlautzeichen und auffallend viele Majuskeln (fast immer A, M und S am Wortanfang). Zahlreiche Schreibfehler wurden offenbar beim Schreiben korrigiert, der Text aber nach dem Abschreiben kaum mehr durchgesehen (viele offensichtliche Fehler sind von anderer Hand korrigiert).
Décoration:
1r eine 18 Zeilen hohe rot-blaue Initiale J. Rote Überschriften vor den ersten vier Predigten; die folgenden Predigtanfänge nicht durch Zwischenräume abgesetzt, nur mit kleinen roten Lombarden, wie sie sehr oft auch bei irgendeinem Zeilenanfang vorkommen. Majuskeln sind vor allem am Zeilenanfang häufig (auch mitten in einem getrennten Wort) rubriziert.
Ajouts:
Ob die oft grob ausgeführten Rasuren und Streichungen beim Abschreiben oder ev. erst später vorgenommen wurden, ist nicht festzustellen. Zahlreiche deutlich spätere Korrekturen und Zusätze sind nicht in allen Predigten gleich häufig. Die Textergänzung 32r und die Korrektur 66r stammen von einer Hand, die auch häufig in den Nekrologien des Klosters St. Andreas (Stiftsbibliothek Engelberg, Cod. 26 und Cod. 10) vorkommt.
Die Hinweise darauf, wann die Predigten gelesen werden sollten, stammen alle von derselben Hand. Vermutlich von einer anderen wurden die längeren Predigten 4, 8 und 9 für die Tischlesungen durch die Randbemerkung "hoͤr vff" in Abschnitte von 6-9 Seiten Umfang unterteilt.
In den Predigten 5 und 6 hat sich offensichtlich eine etwas unbeholfene Hand bemüht, die -er-Abkürzungen aufzulösen. In den meisten Fällen wurde das Wort durch die über- und dazwischengeschriebenen Buchstaben schlechter lesbar, und merkwürdigerweise blieben viele, vor allem weniger einfache Abkürzungen unaufgelöst (was einer ungeübten Tischleserin das Vorlesen erschwert haben muss).
Benützerspuren 12r und auf dem vorderen fliegenden Blatt stammen (wie diejenigen in Cod. 335, 85r und Cod. 336, 92r, 108v, 203v und vermutlich auch Cod. 339, 2r) von Apollonia Meyenberg, die ab 1582 in St. Andreas lebte und zwischen 1601 und 1617 zeitweise Meisterin war (vgl. HS III,1 p.1731; ihre Schrift wurde aufgrund der Eintragung im Engelberger Brevier Cod. 100, 9r identifiziert – (vgl. Stauffacher 1982, 2/23 mit Anm. 224).
Die Hinweise darauf, wann die Predigten gelesen werden sollten, stammen alle von derselben Hand. Vermutlich von einer anderen wurden die längeren Predigten 4, 8 und 9 für die Tischlesungen durch die Randbemerkung "hoͤr vff" in Abschnitte von 6-9 Seiten Umfang unterteilt.
In den Predigten 5 und 6 hat sich offensichtlich eine etwas unbeholfene Hand bemüht, die -er-Abkürzungen aufzulösen. In den meisten Fällen wurde das Wort durch die über- und dazwischengeschriebenen Buchstaben schlechter lesbar, und merkwürdigerweise blieben viele, vor allem weniger einfache Abkürzungen unaufgelöst (was einer ungeübten Tischleserin das Vorlesen erschwert haben muss).
Benützerspuren 12r und auf dem vorderen fliegenden Blatt stammen (wie diejenigen in Cod. 335, 85r und Cod. 336, 92r, 108v, 203v und vermutlich auch Cod. 339, 2r) von Apollonia Meyenberg, die ab 1582 in St. Andreas lebte und zwischen 1601 und 1617 zeitweise Meisterin war (vgl. HS III,1 p.1731; ihre Schrift wurde aufgrund der Eintragung im Engelberger Brevier Cod. 100, 9r identifiziert – (vgl. Stauffacher 1982, 2/23 mit Anm. 224).
Reliure:
- Das zusammengenähte, mit Krapp rot gefärbte und geprägte Ziegenleder des originalen Einbandes ist stark nachgedunkelt und abgerieben, an vielen Stellen defekt und zeigt noch Farbspuren von Verzierungen, die z.T. Grünspan angesetzt haben. Eine oder mehrere Schliessen fehlen (Aussparungen, Schlitze im Leder und Löcher für die Stifte).
- Bei der Restaurierung dieser Handschrift (Atelier für Buch- und Papierrestaurierung Martin Strebel, Hunzenschwil, Februar-April 2007) wurde der von einer früheren Reparatur stammende Rücken aus braunem Schafsleder entfernt und der ursprüngliche Rücken rekonstruiert (neues alaungegerbtes Ziegenleder, mit einem roten Farbstoff aus der Krappwurzel eingefärbt, unterzogen). Die originalen Vorsatzbogen (Spiegel und fliegende Blätter) sind mit neuen Fälzen aus modernem Büttenpapier an der ersten und der letzten Lage befestigt. Weil die Spiegelblätter abgelöst blieben, sind jetzt auf den Innenseiten der Holzdeckel (soweit nicht von den Lederumschlägen abgedeckt) zwei verstärkende Urkundenfragmente (Makulaturpergament) sichtbar. Auf dem ehemaligen vorderen Spiegel (verso) wurden beim Eigentumsvermerk auch die beiden 1887 aussen auf dem Deckel sowie auf dem Buchrücken angebrachten Signaturschildchen (letzteres ersetzt) aufgeklebt.
Sommaire:
Neun Osterpredigten aus dem Corpus der "Engelberger Predigten"
- 1r-7v F 1 ( Introduxit vos dominus in terram fluentem lac et mel – Ex 13,5)
- 7v-11v F 2 ( In resurrectione tua, Christe, celum et terra laetantur – Osterliturgie)
- 11v-18r F 3 ( In resurrectione tua, Christe, celum et terra laetantur – Osterliturgie)
- 18r-24v F 4 ( Erit vobis hic dies memorialis – liturgisch nach Ex 12,14)
- 24v-29r F 5 ( Hodie est paschalis dies quam fecit Dominus – nach Ps 117,24)
- 29v-33v F 6 ( Hodie est paschalis dies quam fecit Dominus – nach Ps 117,24)
- 33v-43r F 7 ( Venite benedicti patris mei – Mt 25,34)
- 43r-51v F 8 ( Haec est dies boni nuntii – 4 Reg 7,9)
- 51v-85v F 9 ( Surrexit, non est hic – Mc 16,6)
Origine du manuscrit:
Ob diese Osterpredigten in Engelberg und für das Frauenkloster St. Andreas abgeschrieben wurden, ist fraglich, weil sonst im Engelberger Handschriftenbestand aus dem 15. Jh. diese Hand nicht nachzuweisen ist und der Originaleinband singulär geschmückt war.
Provenance du manuscrit:
Die Benützerspuren belegen, dass dieser Predigtband schon im Spätmittelalter im Engelberger Frauenkloster St. Andreas verwendet und 1615 an dessen neuen Standort in Sarnen mitgenommen wurde. Stempel
Frauenkloster St. Andreas Sarnen Obwalden auf f. 1r und Papierschildchen "Msc. 10. Sec. XV." aus dem 19. Jh.; nach der Rückführung in die Stiftsbibliothek Engelberg 1887 hat P. Benedikt Gottwald vorne auf dem Spiegel vermerkt, dass dieser Band Eigentum des Sarner Frauenklosters war (1923 vom Kloster Engelberg gekauft, vgl.
Beck 1952, 1).
Wie Stiftsbibliothekar P. Benedikt Gottwald am 20.11.1887 auf dem ehemaligen vorderen Spiegel vermerkt hat, gehört dieser Band zu den 27 Handschriften, die als Eigentum des Konvents von St. Andreas in die Stiftsbibliothek übernommen und 1923 vom Kloster Engelberg käuflich erworben wurden (
Beck 1952, 1;
Thali 238).
Bibliographie:
- P. Sigisbert Beck: Untersuchungen zum Engelberger Prediger. Beiheft 10 zur ZSKG, Freiburg 1952;
- P. Sigisbert Beck: Art. "Engelberger Prediger" in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. 2. Aufl., Bd. 2, Berlin 1980, 532-535 (mit älterer Lit.);
- Kurt Ruh: Deutsche Literatur im Benediktinerinnenkloster St. Andreas in Engelberg. Titlisgrüsse 67/1981, 46-55 und 77-88 (mit Anmerkungen in Kleine Schriften, Bd. 2: Scholastik und Mystik im Spätmittelalter, hg. Volker Mertens, Berlin / New York 1984, 275-295);
- Kurt Ruh: Der Handschriftenbestand des St. Andreas-Klosters in Engelberg. Ein Überblick, in: Bewegung in der Beständigkeit. Zu Geschichte und Wirken der Benediktinerinnen von St. Andreas Sarnen / Obwalden, hg. Rolf De Kegel, Alpnach 2000, 9-29;
- Mathias Stauffacher: Untersuchungen zur handschriftlichen Überlieferung des "Engelberger Predigers" (Typoskript der 1982 an der Universität Basel eingereichten ungedruckten Dissertation [link: http://www.muebisch.ch/bibliocorp02.htm]) – nur für ergänzende Informationen zitiert!;
- Johanna Thali: Regionalität als Paradigma literarhistorischer Forschung zur Vormoderne. Das Beispiel des Benediktinerinnenklosters St. Andreas in Engelberg, in: Kulturtopographie des deutschsprachigen Südwestens im späten Mittelalter. Studien und Texte, hg. Barbara Fleith und René Wetzel, Bd. 1, Berlin / New York 2009, 230-262;
- Restaurierungsprotokoll Nr. 31 / 2007 des Ateliers für Buch- und Papierrestaurierung Martin Strebel, Hunzenschwil (Manuskript).