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  • Scarpatetti Beat Matthias von, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Gallen, Bd. 2: Abt. III/2: Codices 450-546: Liturgica, Libri precum, deutsche Gebetbücher, Spiritualia, Musikhandschriften 9.-16. Jahrhundert, Wiesbaden 2008, S. 376-379.
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  • Scherrer Gustav, Verzeichnis der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen, Halle 1875, S. 162.
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St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 532
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Scarpatetti Beat Matthias von, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Gallen, Bd. 2: Abt. III/2: Codices 350-546 Liturgica, Libri precum, deutsche Gebetbücher, Spiritualia, Musikhandschriften, 9-16. Jahrhundert, Wiesbaden 2008, S. 376-379.

Manuscript title: Directorium perpetuum ecclesie sancti Galli, Series secunda (ulterior), Primum volumen: Regulae 1-2
Place of origin: St. Gallen
Date of origin: kurz nach 1540
Former shelfmark: S.n. 117
Support: Pergament. Helles (Ziegen-?)Pergament erster Qualität.
Extent: IV + 110 + V-VI Seiten
Format: 27,5 x 19,5
Foliation: Paginierung I.v.A. mit rotem Farbstift.
Collation: Quaternionen, Wortreklamanten des Schreibers längs dem Falz am untern Blattrand. Ursprüngliche Foliierung fehlte wohl (s.u. fehlender Buchschmuck). Nach p. 94 Schnittrand eines vermutlich kompositen Bogens, der zweite Schnittrand nicht auffindbar.
Page layout: Einspaltig 19,5/20,5 x 11,5/12, anfänglich 27 Z., ab p. 16 30 Z., Linierung mit rotbraunem Farbstift.
Writing and hands: Geschrieben nach 1540 vom Bischofszeller Kaplan, Organisten und Bücherschreiber Fridolin Sicher (1490-1546, zu ihm s.u. CMD-CH III), vgl. p. 5 f. zum 15. Jan. betreffend des Patroziniums der Heiligen Fabian und Sebastian folgenden Eintrag: Et ad missam primamm cantatur Officium de s. Sebastiano in capella noua nunc recens anno 1540 in eius honore constructa et consecrata. sub Domino Diethelmo tunc abbate Sicher schreibt in seiner persönlich geprägten Semi-Bastarda, einer Mischform von Textualis und Bastarda, gekennzeichnet durch das durchwegs verwendete Finalis-s, einer Hybridform, die das lange und das runde s vermischt (ausführliche Charakterisierung der Schrift auch bei Schmid [s.u.], p. 24f.). Die über die oben zitierte Notiz zu erschliessende Niederschrift kurz nach 1540 ist gekennzeichnet durch den altersbedingt konziseren Ductus, kleinere Buchstabengrössen und etwas weitere Buchstaben- und Wortabstände, während die früheren Bände Codd. 534-539 schwungvoller und etwas grösser geschrieben sind.
Decoration: Gemäss liturgisch-rubrizistischem Inhalt der Hs. ist der Text durchgehend wechselweise rot und schwarz gehalten, Buchdekor fehlt (dazu s.u.). Gemäss Schmid (s.u.) waren auf den leeren p. IV und 56 Vollbilder zu Eingang und Kapitelwechsel (Regula secunda) vorgesehen; es fehlen auch p. 1 und 57 die Init. orn.
Binding: Einband 16. Jh., braungefärbtes Leder auf Holz, Abschrägungen nur in der Mitte der Ränder, die Beschläge auf den nicht abgeschrägten Randpartien fehlen jedoch. Reiche Renaissance-Stempelung: auf VD in zentralem Rechteck vier oblonge Rhomben mit Pflanzenmotiv im Zentrum, in den Seitenleisten derselben in einer Diagonale Pflanzenmotive sowie ev. Jagd- oder Fabeltiere, in der andern Rankenmotive mit Fratzen in deren Innern; das Rechteck gerahmt mit Blumen und Ranken; zwei- bis dreifache Streicheisenlinien. Auf HD im zentralen Rechteck ein oblonger Rhombus, in dessen zentraler Leiste sowie in der äusseren Rahmenleiste bilden fortlaufende Streicheisenlinien eine Kette kleiner Rhomben, in deren Zentrum kleiner Blütenstempel, die innere Rahmenleiste mit den gleichen Rahmen- und Blütenstempeln wie die äussere auf dem VD; ein dritter Rahmen ganz aussen ist leer. Zwei nur leicht verzierte Messing-Schliessen HDK-VDK.Einband auf VD an einer Stelle bis aufs Holz aufgerissen, hinten teilweise angerissen, passim Schleif- und Gebrauchsschäden, die beiden Kapitalien abgerissen.
Contents:
Codd. 532-539: Directorium perpetuum der Abtei St. Gallen, erstellt von Johannes Cuontz: Series prima (ca. 1516-1520) et secunda [Fragment] (1540-1546).
Wie auch in anderen Fällen ist bei der Neusignierung mit Numerus Currens des gesamten Hss.-Bestandes in einzelnen Fällen summarisch und ohne genaueren Einbezug des Inhaltes vorgegangen worden. Aus uns nicht bekannten Gründen liegt das Directorium teilweise in einer zweifachen Ausführung vor. Ein (chronologisch) erstes Corpus des Directoriums wird von einem anonymen Schreiber mit Cod. 533 eröffnet; dieses wird von Fridolin Sicher (1490-1546, s.u. Lit., CMD-CH III) mit den Codd. 534—539 fortgesetzt und vollendet. In diesen Bänden datiert und subskribiert Sicher nur in Cod. 538 mit 1520. Da Sicher ca. 1516 nach St. Gallen gekommen ist, ist die Entstehung der sechs Bände in die Jahre vor und um 1520 zu legen. Der die Signatur 532 tragende Codex ist durch den Eintrag p. 6 von Fridolin Sicher über den mit 1540 datierten Bau der Sebastianskapelle indirekt datierbar (1540 bis spätestens zu Sichers Tod 1546). Er dürfte den Anfang eines zweiten Corpus bilden, vielleicht wegen eines vor 1540 neu eingegangenen Auftrags, z. B. für ein anderes Kloster. Dass Fridolin Sicher nur Cod. 533 ersetzen wollte, da von einer andern Hand, erscheint angesichts dieses Auftragswerkes wenig plausibel; bis auf geringfügige Abweichungen sind die Codd. 533 und 532 inhaltsgleich, und Cod. 533 ist nicht fehlerhaft. Cod. 532 hätte also am Schluss der ersten Serie 533-539 signiert werden müssen, als möglicher Beginn eines weiteren Corpus. Ob dieses zweite Corpus, also die (heute fehlenden) Regulae 3-36, von Sicher oder einem anderen Scriptor je fertiggeschrieben worden und gegebenenfalls verloren gegangen sind, muss wohl für immer offen bleiben. In Cod. 534, p. 284, hält Sicher ferner fest, dass der St. Galler Konventuale Johannes Cuontz im Auftrag des Abtes Franz Gaisberg (1504-1529) das Directorium erstellt habe (möglicherweise 1510; s.u. bes. Codd. 533, 534).

  • 1-109 Directorium ecclesie sancti Galli [Directorium perpetuum, Series secunda], Regulae 1-2
    Zum Inhalt, bes. zum System der 36 Regulae, s.u. zum Cod. 533, da mit diesem die Grundlage des Corpus geschaffen worden ist. Der vorliegende, rund 20 Jahre nach Cod. 533 geschriebene Band enthält im Prinzip den gleichen Text wie dieser. Die von uns auszugsweise vorgenommene Kollationierung der Codd. 532 und 533 brachte nur passim leichte Abweichungen zutage, welche den Gegenstand einer spezialisierten orts- und ordensliturgiegeschichtlichen Untersuchung zu bilden hätten.
    Zur Datierungsmöglichkeit des Directoriums gemäss komputisticher Konstellation s.u. Cod. 533.
Origin of the manuscript:
  • Es ist nicht sicher, ob auch dieser erste Band der Series secunda (dazu s.o. Vorbemerkung) noch auf das Auftragswerk von Abt Franz Gaisberg (1504-1529) bei Sicher zurückgeht, da sein Datum 1540 längst in die Regierungszeit Diethelm Blarers (1530-1564) fällt. Dass dieser noch bei Sicher eine neue Serie des Directoriums bestellt hat, ist nicht auszuschliessen.
  • Angesichts des vollkommen fehlenden Buchdekors erscheint eine geplante Fortsetzung und Vollendung der ganzen Series (secunda) wahrscheinlich. War Diethelm Blarer der Auftraggeber einer Series secunda, so wären wohl beim Anbringen des Buchschmucks seine Wappen, Portraits etc. in die Hs. gekommen. Dass das Alter oder der Tod Sicher am Weiterschreiben gehindert haben, ist möglich. Dass der zweite Blarer-Stempel allerdings auf dem für die Anfangsinitiale ausgesparten Raum angebracht wurde, könnte bedeuten, dass eine Illuminierung und vielleicht Vollendung der Blarer’schen Series secunda nach Sichers Tod aufgegeben worden ist. Eine Drucklegung erfolgte erst viel später (s.o. Lit.). Die Hypothese von Schmid (s.u.), p. 25, Cod. 532 sei der letzte erhaltene Band einer ersten, noch unter Johannes Cuontz erstellten oder begonnenen Ausgabe des Directoriums, erscheint aufgrund der von uns gemachten Feststellungen nicht haltbar; offenbar war Schmid das Datum 1540 in Cod. 532 nicht bekannt.
Acquisition of the manuscript: Als einzige Hs. beider Corpora trägt diese gleich drei Stempel D. B.: der erste auf dem pergamentenen Vorsatzblatt p. III ist (ev. in der Zürcher Periode 1712-1721?) herausgeschnitten worden, der Stempel ist im Abdruck auf dem vorderen Spiegelblatt noch deutlich sichtbar; der zweite im Leerraum der Init. p. 1; die grössere, reich verzierte Version des Blarer-Stempels findet sich, auf dem Kopf stehend, p. 110. Alte Signatur S.n. 117 p. III.
Bibliography:
  • Bräm, Buchmalerei (1997), p. 341f.;
  • CMD-CH III, Nr. 115, ohne Abb., Schreiberverzeichnis p. 310;
  • Kurzbeschreibung bei Schmid, Buchmalerei (1954), p. 147, Nr. 47, mit Datierung 1517/1520.
Literatur zum Gesamtkorpus
  • Walter Berschin, Neue Forschungen zum Augsburger Buchmaler Nicolaus Berschin d. Ä. (Bertschi, Bertschy, † um 1542), in: Scriptorium 55, 2001, p. 228-248, zu unserem Corpus p. 230f., Abb. Nr. 63f., nicht aus unsern Hss.;
  • Ulrich Merkl, Buchmalerei in Bayern in der ersten Hälfte des 16. Jhs., Regensburg 1999, Kat. Nr. 17, p. 297f.;
  • Bräm, Buchmalerei (1997), p. 341f.;
  • Ochsenbein/Schmuki/Dora, Schreiben (1994), p. 40-42, mit Abb. von Cod. 533, p. 6;
  • CMD-CH III, Nrn. 115-121 (Lit.), Abb. 562;
  • Duft, Abtei 1 (1990), p. 122;
  • Peter Ochsenbein/René Projer, Gottesdienst im Galluskloster. Eucharistiefeier im Mittelalter (= Ausstellungsführer 1986), St. Gallen 1986, p. 6;
  • Duft, Weihnacht (1986), p. 50-53 und 128;
  • Schmid, Buchmalerei (1954), p. 24-28, 35 und 49, mit Analyse der Schrift Sichers und der weiteren Beteiligten, bes. des Johannes Cuontz; die Illuminierung stammt nur z.T. von Bertschi, eine subalterne Hand arbeitet in den Codd. 537 und 538 und zusammen mit Bertschi in den übrigen ausser Cod. 533, wo Bertschi allein illuminiert; in Cod. 532 fehlt Buchdekor; zu den in der Illuminierung vorkommenden Vogelarten ibid., p. 104, Anm. 68;
  • Joseph Müller, Nikolaus Bertschi von Rorschach, in: Rorschacher Neujahrsblatt, [TL I], 26, 1936, p. 5-12, und [TL II], 27, 1937, p. 5-13;
  • Josef Holenstein, Zur Forschung über den Buchmaler Niklaus Bertschi von Rorschach, in: ZSA 16, 1956, p. 75-98, unsere Hss. p. 82f., 86, 89, 92-94;
  • Nef, Sicher (1938), unsere Hss. p. 141 und 151;
  • Emmanuel Munding, Zur Entwicklung der St. Galler Gottesdienstordnung. Die Temporalliturgie von Fridolin Sicher, 1520, in: ZSKG 55, 1961, p. 139-167 und 309-331, aufgrund unserer Codd. 532-539, vgl. bes. p. 139 und 143;
  • Marker, Choralgeschichte (1908), p. 17.
  • Zum gesamten Directorium vgl. den unter Abt Bernhard II. Müller erfolgten Druck: Directorium benedictinum perpetuum sive ordo celebrandi divina officia... a Paulo V. approbatum, Rorschach, Johannes Schröter, 1621; es handelt sich bei diesem über hundert Jahre späteren Druck jedoch um eine textlich und inhaltlich (Festordnungen und Heiligen-Kalendar) völlig divergente nachtridentinische Redaktion.